Geschichte der Schaltschranktechnik bei Rittal: Rittal erfindet die Zukunft seit 50 Jahren

Wer heute elektronische Komponenten in Schaltschränke einbaut, erwartet eine Viel-zahl von genormten Lösungen, die ihm die Montage erleichtern sowie ein Maximum an Sicherheit bieten. Das war nicht immer so. Noch vor einigen Jahrzehnten gab es nur einfache „Blechkästen“, die in Sonderanfertigung hergestellt wurden. Der erste Standard für die Serienfertigung wurde vor 50 Jahren von Rudolf Loh – dem Gründer von Rittal – erfunden und auf den Weg gebracht. Heute ist das Unternehmen in der Schaltschranktechnik international führend und belegt mit weltweit 1.500 Patenten eine außergewöhnliche Innovationskultur.

Die Rudolf Loh KG, Elektrogerätebau – später Rittal – wurde am 1. April 1961 von Rudolf Loh gegründet. Neben dem damals schon bestehenden Unternehmen Hailo-Werk, das mit Haushaltsgeräten im Konsumgütermarkt etabliert war, sollte ein zweites Standbein in der Investitionsgüterindustrie geschaffen werden. Dabei rückte die Fertigung von Schaltschränken in den Blick. Bis dahin hatte die elektrotechnische Industrie diese selbst gefertigt oder in externen „Blechwerkstätten“ herstellen lassen. Diese Einzelanfertigungen waren teuer, ihre Lieferzeiten lang und die Qualität schwankte. Die Idee des Vertreters eines nahegelegenen Elektrogroßhandels, Schaltschränke in Großserie zu bauen und als Standardprodukt anzubieten, schien Rudolf Loh deshalb aussichtsreich.

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Der erste konkrete Bedarfsfall ließ auch nicht lange auf sich warten. Noch am gleichen Tag gab Loh die Serienfertigung von je zwei flachen Wand- und Standgehäusen frei: Dies war die Geburtsstunde des Schaltschranks als Serienprodukt. Weiterentwicklungen dieses „allerersten“ Typen, die Rittal in Großserie produzierte, hat das Unternehmen übrigens noch heute unter der Bezeichnung AE im Programm. Auch der Slogan von damals besitzt weiterhin Gültigkeit: „Den Schaltschrank, den Sie morgen brauchen, haben wir bereits gestern gebaut und heute schon abrufbereit am Lager stehen.“ Die schnelle Verfügbarkeit von Produkten ist eines der stärksten Argumente für Rittal. 

Ideen in Innovationen umsetzen

Im Jahr 1969 vollzog Rittal wichtige Schritte auf dem Weg zum Weltunternehmen. Zum einen ist es das Jahr der Umfirmierung in die Rittal-Werke Rudolf Loh KG. Zum anderen das einer weiteren signifikanten Erfindung: der des Reihenschaltschranks. Der erste modulare RS-Schaltschrank in Gerüstbauweise wurde vormontiert ausgeliefert. Als Zubehör gab es Verbindungsrahmen, Lochschienen, Trenn- und Seitenwände sowie gelochte Winkelprofile. Für den Anlagenbauer ergaben sich durch den RS enorme Vorteile beim individuellen Ausbau.

Das Jahr 1978 markiert einen weiteren Meilenstein in der Innovationsgeschichte von Rittal – diesmal ging es um die Oberflächenbehandlung von Schaltschränken. Stand der Technik war damals die Spritzlackierung, die den Nachteil hatte, dass Hohlräume häufig unlackiert blieben. Das neue Verfahren sah eine Eisenphosphatierung als Vorbehandlung und ein Ende der siebziger Jahre hochmodernes Elektrophorese-Tauchverfahren vor. So etwas gab es nur bei führenden Automobilherstellern. Und noch heute sind hochmoderne Oberflächenbehandlungen ein Alleinstellungsmerkmal von Rittal. 

Rittal Zeitstrahl 1961-2011: 1961: Rittal entwickelt für seine Kunden den AE – den „Allerersten“ standardisierten Schaltschrank in Serie. 1969: Entwicklung des modularen Reihen-Schaltschranksystems RS. 1985: Präsentation des Perfektschranksystems PS 4000. 1999: Perfektionierung des weltweit gesetzten Standards PS 4000 und Erweiterung um unendliche Möglichkeiten mit dem Topschranksystem TS 8. 2010-2011: Rittal bietet mit dem Programm „Rittal – Das System.“ ein perfekt abgestimmtes Baukastensystem: Perfekt aufeinander abgestimmte Lösungen aus Schaltschranktechnik, Klimatisierung, Stromverteilung und IT-Infrastruktur verbunden mit intelligenten Engineering-Lösungen und umfassendem Service. 

Infolge der Industrieautomatisierung ergänzte Rittal in den folgenden Jahren sein Produktportfolio. Die Geschäftsbereiche Klima- und Stromverteilung kamen hinzu. Anfang der achtziger Jahre wurde eine eigene Geschäftseinheit aufgebaut, die mit Kompressorkühlgeräten und einem umfangreichen Zubehör neue Maßstäbe setzte. Die Entwicklung der ersten Stromverteilungs-Komponenten – kompatibel zu den jeweiligen Schaltschränken folgte bald.

Ein großer Meilenstein in der Schaltschranktechnik war die Erfindung des PS 4000 Anreihsystems im Jahr 1985. Bis heute millionenfach verkauft, wurde er zum Weltstandard. Konnte der RS schon mit Zubehör glänzen, so übertraf ihn der PS 4000 mit gut 60 Komponenten um ein Vielfaches. Es gab Mitte der achtziger Jahre nichts Vergleichbares im Markt.

Welche Möglichkeiten dieser Schaltschrank den Kunden schon zur damaligen Zeit bot, beweist seine Variante als Datenverteiler, die nur vier Jahre später eingeführt wurde. Ein weiteres Mal kam die Anregung aus der Automobilindustrie. Das Schrankkonzept sollte für die Datentechnik mit entsprechendem Zubehör weiterentwickelt werden. Damit vollzog Rittal den ersten Schritt in ein völlig neues Marktsegment – die Informationstechnologie. Heute gilt Rittal als ein führender Anbieter von Planung, Bau, Ausstattung, Software und Service von Rechenzentren und IT-Infrastrukturen. Dabei umfasst das Produktportfolio neben Sicherheitsräumen, Serverschränken, IT Cooling oder unterbrechungsfreien Stromversorgungen auch Überwachungs- und Sicherheitslösungen wie das CMC (Computer Multi Control) und Rittal RiZone, eine Software zum Management der IT Infrastruktur.


Endlich unendlich Möglichkeiten

In den neunziger Jahren wurde das marktführende System PS 4000 kontinuierlich weiter ausgebaut. 1999 löste das Rittal TS 8-Schaltschranksystem den PS 4000 aus der Pole Position ab und setzte erneut Maßstäbe. Der Slogan zur Markteinführung lautete: „Endlich unendliche Möglichkeiten“. Der Kern des Topschranks TS 8 ist das 16-fach profilierte, patentierte Vertikalprofil, das nicht nur eine hohe Stabilität, sondern zusätzlich eine zweite Montageebene bietet. Außerdem ist er symmetrisch in Bezug auf das Maßraster, was ein Anreihen in alle Richtungen und damit noch mehr Flexibilität ermöglicht. Es gibt heute kaum eine Anforderung der Gehäusetechnik, die mit dem TS 8-Schaltschrank nicht erfüllt werden könnte.

Zu diesem Bestseller, der heute ein weltweiter Standard und über 7,7 Millionen Mal im Einsatz ist, gehört ein bis ins Detail durchdachter System- und Zubehörbaukasten. Die Schaltschrank- und IT-Rack-Systemplattform TS 8 ist heute Basis für die branchenübergreifende Systemarchitektur „Rittal – das System.“. Diese besteht aus auf einander abgestimmten Gehäusen und Schaltschränken, sicheren Stromverteilungen, energieeffizienter Klimatisierungstechnik, kompletten IT-Infrastrukturen sowie intelligenten Planungstools und einem weltweiten Service. Damit lassen sich passgenaue Lösungen für die Energiehauptverteilung, industrielle Automatisierung, Gebäudeinstallation, Netzwerktechnik und Data Center erstellen.

Hightech-Fertigung von TS 8 Schaltschränken im Werk Rittershausen.  


Von der Idee zum Produkt

Damals wie heute entstehen Produktinnovationen häufig im engen Austausch mit Kunden, die Rittal aktiv in den Innovationsprozess einbindet. So werden Ideen gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt, um zukunftsweisende Produktlösungen auf den Markt zu bringen. „Impulse von außen führen jedoch nur dann zu marktfähigen Innovationen, wenn herstellerseitig das nötige Know-how und ein innovationsfreundliches Klima herrschen. Dazu gehören Risikobereitschaft, unternehmerischer Mut, finanzielle Stabilität, Planungssicherheit sowie schnelle und kurze Entscheidungswege. Auf Familienunternehmen wie die Friedhelm Loh Group treffen diese Attribute in besonderer Weise zu“, erklärt Dr. Thomas Steffen, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung bei Rittal.

Große Kontinuität beweist Rittal beispielsweise beim Thema Energieeffizienz. Bereits seit Anfang der neunziger Jahre steht es ganz oben auf der Entwicklungsagenda. So stellte Rittal als erster Großserienhersteller alle Schaltschrank-Kühlgeräte auf FCKW-freie Kältemittel um, noch bevor es der Gesetzgeber forderte. Es folgte die Einführung einer innovativen Nanobeschichtung für die Wärmetauscherlamellen von Kühlgeräten, die leistungsmindernde Staubablagerungen dauerhaft vermeiden. Energieeffizient sind auch die neuen Rittal Kühlgeräte der "Blue e"-Generation, die Rittal 2011 erstmals auf der Hannover Messe vorgestellt wurden. Je nach Anwendung lassen sich bis zu 70 Prozent Energie damit sparen.

Engineering Tools für schnelle Prozesse

Einzigartig bei Rittal ist, dass der Systemgedanke auch das Engineering und den Service beinhaltet. Denn aufgrund der individuellen Kundenwünsche ist es heute im Bereich des mechanischen Schutzes von Elektrotechnik und Elektronik mit dem einzelnen Gehäuse nicht mehr getan. Gefragt ist das umfassende Lösungsangebot. Die Kunden suchen Partner, die sie von der Planung über Engineering und Testaufbau bis hin zur Auslieferung und einem auf der ganzen Welt gesicherten After-Sales-Service wirkungsvoll begleiten. Ziel ist es, komplexe Probleme rund um das „Technology Packaging“ optimal und möglichst aus einer Hand zu lösen. Hier bietet Rittal eine Vielzahl von Lösungen an.

So ergeben sich beispielsweise durch die Nutzung von CAD-Daten der Bauteilebibliothek „RiCAD 3D“ hohe Einsparungspotenziale beim Planungsprozess von Maschinen und Anlagen. Andere Software-Lösungen wie „Rittal Power Engineering“ unterstützen den schnellen und sicheren Aufbau von Stromverteilungen. Und das Planungstool „Rittal Therm“ sorgt für die energieeffiziente Dimensionierung der Kühlgerätetechnik. Um die Produktivität und Geschwindigkeit im Engineering von Schaltschränken noch weiter zu steigern, lassen sich diese Tools mit der Eplan-Plattform verknüpfen – einer integrativen Engineering-Lösung der Rittal Tochter Eplan Software & Service, die zu den weltweit führenden Anbietern von Engineering-Software zählt. Das mechatronisch ausgelegte Planungswerkzeug liefert einen durchgängigen Workflow von der Stromlaufplanerstellung bis zur mechanischen Bestückung des Schaltschranks. Die Folge sind verkürzte Durchlaufzeiten und sinkende Kosten.

Branchenlösung etabliert

Wie konkret das Unternehmen auf die jeweiligen Anforderungen in bestimmten Bereichen eingeht, zeigt die Entwicklung der Hygienic Design-Gehäuseserie (HD) für die Lebensmittelindustrie. Hier werden oftmals kleinere Schaltschränke dezentral in direkter Lebensmittelumgebung eingesetzt. Das heißt: Materialien, Oberflächen und konstruktive Elemente müssen sich leicht reinigen lassen. Mit seiner HD-Gehäuseserie hat Rittal die Messlatte in Sachen Sicherheit und Hygiene für alle Bereiche der Food-, Kosmetik- und Pharmazie-Industrie deutlich nach oben gesetzt. So wurden beispielsweise Spalten oder außen liegende Scharniere, in denen sich Bakterien oder andere Mikroorganismen festsetzen können, gezielt eliminiert. Und das hilft Anlagenbauern und Betreibern von Maschinen, die hohen Hygieneauflagen sicher zu erfüllen.

Durchgängiger Systemgedanke

Um auch für weitere Anforderungen der Automatisierungstechnik gerüstet zu sein, hat das Unternehmen in den letzten Jahren die TS 8-Systemplattform mit der Kompaktgehäuse-Serie AE und CM, mit der TopPult-Serie sowie aktuell mit dem System-Einzelschrank SE 8 konsequent weiterentwickelt und komplettiert. Den Anwendern steht dabei für alle Gehäusetypen ein identisches Zubehör für den Innenausbau, die Kabeleinführung und den Sockel zur Verfügung. Durch die intelligente Systemplattform, mit der sich auch die zunehmende Konvergenz von IT und Automatisierung gezielt unterstützen lässt, sorgt Rittal für effiziente Lösungen „aus einer Hand“. Der Kunde muss bei verschiedenen Anwendungen nicht auf unterschiedliche Gehäuse- und Schranktypen zurückgreifen, sondern profitiert von den Vorteilen einer einheitlichen, universell einsetzbaren Systemplattform sowie eines durchgängigen Zubehörbaukastens.

Die Unternehmenszentrale von Rittal befindet sich in Herborn, Hessen. 


Ausblick und Fazit

Für das Unternehmen aus Herborn wird die Erfolgsgeschichte des Programms „Rittal – Das System.“ auch in Zukunft weitergeschrieben. Dabei stehen 2011 noch mehr Kundennutzen, noch mehr Produktvorteil, noch mehr Effizienz mit noch mehr System ganz oben auf der Agenda – insbesondere bei den Kernprodukten TS 8 und AE. Der Fokus liegt verstärkt darauf, Produkte zu standardisieren und zu modularisieren. Denn kundenspezifische Lösungen mit Standard-Produkten zur Verfügung zu stellen, bringt nicht nur auf der Kostenseite deutlich Vorteile für den Kunden, sondern auch höhere Verfügbarkeit durch schnelleren Service für den Endanwender.

Dabei kommt der weiteren Internationalisierung des Unternehmens eine große Bedeutung zu. Schon früh hatte Rittal die Auslandsmärkte ins Visier genommen. So gründete das Unternehmen 1982 in den USA seine erste Tochtergesellschaft außerhalb Europas. Es folgten u. a. Japan in 1988, Indien 1994 und China 1997. Aktuell verfügt Rittal über 63 Tochtergesellschaften und ist damit weltweit präsent. Doch es geht um mehr: „Rittal – Das System.“ soll rund um den Globus zum Synonym für eine intelligente und innovative Schaltschrank- und Gehäusetechnik werden, die sich stets an den Bedürfnissen der Kunden orientiert – egal ob diese in Deutschland angesiedelt sind oder in Übersee. Für die Zukunft zählt dabei der Ausbau eines dichten weltweiten Service- und Logistiknetzes sowie die weitere Internationalisierung von Prozessen und Kommunikationsstrukturen zu den zentralen Strategien.

Auch das Thema Energieeffizienz wird weiterhin im Brennpunkt stehen. So stellte Rittal beispielsweise auf der Hannover Messe 2011 für die Klimatisierung von Schaltschränken und IT-Racks zahlreiche Neuheiten vor. Neu ist auch der Einsatz von Kunststoff im Schaltschrank. Mit der Zubehör-Innovation „Flex Block“ schafft Rittal intelligente Funktionsräume als Unterbau sowie Dachaufbau für Schaltschränke. Damit lässt sich die Montagezeit redu-zieren, da viele Komponenten jetzt werkzeuglos montiert werden können.

Seit 50 Jahren beweist Rittal eine hohe Innovationskraft. 1.500 Patente belegen dies. Rittal hat viele Standards und Normen in der Branche gesetzt und wird dies auch in Zukunft tun. Die Innovationskraft des Unternehmens ist vielfach ausgezeichnet worden. So hat Friedhelm Loh, Inhaber der Friedhelm Loh Group und seit 1974 Geschäftsführer von Rittal im Jahr 2010 die renommierte Dieselmedaille erhalten. „Kreative und hochmotivierte Mitarbeiter sind die Voraussetzung für Innovationsfähigkeit. Denn auf ihre Ideen und ihr Können kommt es an, damit die Friedhelm Loh Group auch zukünftig die besseren Produkte, die intelligenteren Prozesse und die zufriedeneren Kunden hat“, so Prof. Dr.-Ing. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, in seiner Laudatio. Eine Herausforderung, die Loh gern annimmt: „Ich bin überzeugt, dass Rittal auch in Zukunft eine beispielhafte Geschichte schreiben wird. Wie unser Jubiläums-Slogan „50 Years. Rittal. Power and Vision!“ schon sagt: Wir haben Power und Visionen. Ich freue mich darauf, diese gemeinsam mit Management und Mitarbeitern umzusetzen. Die Anforderungen unserer Kunden haben wir dabei stets im Blick“.

Anthia Reckziegel, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Rittal, Herborn

Hans-Robert Koch , Fachreferent Industrie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Rittal, Herborn

www.rittal.de  

 

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