Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen wächst auch die Zahl vernetzter Ladesäulen. Diese Systeme kommunizieren ununterbrochen mit Backend-Diensten, Abrechnungsplattformen und mobilen Apps.
Ihre Rolle als Verbindungspunkt zwischen industriellen Steuerungsanlagen und klassischen IT-Netzen macht sie attraktiv für Cyberangriffe. Manipulierte Ladevorgänge, fehlerhafte Rechnungen oder ein Eindringen in verbundene Netzwerke gehören inzwischen zu den realistischen Risiken für Betreiber.
Sicherheitslücken durch offene Standorte
Ein wesentlicher Schwachpunkt ergibt sich daraus, dass die meisten Ladestationen öffentlich zugänglich sind. Viele technische Komponenten befinden sich in Gehäusen, die leicht zu öffnen oder auszutauschen sind. Dadurch können Angreifer Kommunikationsmodule verändern, Steuerungseinheiten manipulieren oder schädliche Hardware einschleusen. Sabotierte Sessions, abgefangene Daten oder sogar Beeinträchtigungen der Netzstabilität sind mögliche Folgen. Mit dem Ausbau des Ladenetzes nimmt diese Gefährdung weiter zu.
Ein großer Betreiber öffentlicher Ladestationen in Frankreich hat gezeigt, wie sich diese Risiken durch eine industrietaugliche Sicherheitsarchitektur reduzieren lassen. Beim Ausbau seines Ladenetzes, das sowohl urbane Bereiche als auch Standorte entlang wichtiger Autobahnen umfasst, entschied sich das Unternehmen für einen abgestuften Ansatz, der technischen Belastungen im Außeneinsatz ebenso standhält wie Anforderungen im Umfeld kritischer Infrastrukturen.
Anforderungen an eine widerstandsfähige Ladeinfrastruktur
Der Betreiber definierte klare Sicherheitsziele für seinen jüngsten Roll-out. Der Datenverkehr zwischen Ladesäulen, Backend und Cloud sollte vollständig geschützt sein. Fernzugriffe mussten zuverlässig abgesichert werden. Besondere Aufmerksamkeit galt Angriffen, die Kommunikation manipulieren oder unerlaubt mitschneiden könnten. Diese Vorgaben bildeten die Grundlage für eine Lösung mit mehreren Verteidigungsebenen.
Für die Umsetzung kamen unter anderem Industrie-Firewalls des europäischen Cybersicherheitsanbieters Stormshield zum Einsatz. Die Geräte wurden direkt in die Außenschränke integriert und sind für wechselnde Temperaturen und Feuchtigkeit ausgelegt. Sie verschlüsseln den gesamten Datenverkehr, sichern die Kommunikation in beide Richtungen und schützen Wartungszugriffe. Zusätzlich setzt der Betreiber auf eine starke Identitätsprüfung mittels zeitbasierter Einmalpasswörter. Dies ist vor allem für Unternehmen wichtig, die zahlreiche geografisch verteilte Ladepunkte verwalten.
Weitere Absicherung im Backend
Im Backend ergänzt eine virtuelle Sicherheitsplattform die Schutzmaßnahmen. Sie kontrolliert den Zugang zu Abrechnungsdiensten, mobilen Anwendungen und Cloud-Systemen. Da bestimmte Standorte über private Mobilfunkverbindungen angebunden sind, stellt diese zusätzliche Sicherheitsschicht einen wichtigen Schutz für sensiblen Datenverkehr dar. Die Plattform übernimmt Firewall-Funktionen, Segmentierung und Richtlinienverwaltung.
Ein wirkungsvolles Instrument innerhalb der Architektur ist die konsequente Trennung einzelner Bereiche. Jeder Ladeort wurde in ein eigenes virtuelles Netzwerk eingebunden. Sollte ein Angriff erfolgreich sein, bleibt die Auswirkung auf diesen Standort beschränkt. Eine Ausbreitung auf andere Ladestationen oder zentrale Systeme wird verhindert. Diese Isolation ist vor allem in weit verteilten Strukturen entscheidend, um Kettenreaktionen zu vermeiden.
Ein Modell für zukünftige Ladeinfrastrukturen
Das französische Beispiel zeigt, dass eine sichere Ladeinfrastruktur nicht im Widerspruch zu reibungslosen Betriebsabläufen steht. Die Kombination aus industrietauglicher Hardware, starker Authentifizierung, geschützter Kommunikation und klarer Segmentierung bildet ein belastbares Fundament. Betreiber, die ihre Systeme frühzeitig gegen wachsende Cybergefahren schützen wollen, erhalten damit eine praxistaugliche Orientierung. Cybersicherheit ist in der Elektromobilität ein wesentlicher Bestandteil des Betriebs und nicht nur eine technische Zusatzoption.