Paradigmenwechsel im Umweltmanagement

Naturschutz 4.0: Wie KI den Regenwald rettet

KI-Umwelt

Digitale Zwillinge von Ökosystemen schaffen erstmals vollständige Transparenz über komplexe Lebensräume und ermöglichen datengetriebene Entscheidungen im Naturschutz.

Naturschutzorganisationen, Regierungen und Unternehmen stehen vor einer fundamentalen Herausforderung: In den vergangenen 50 Jahren sind rund 70 Prozent der weltweiten Wildnis verschwunden – still, oft unbemerkt und meist, ohne die Tragweite zu erkennen. Ein Grund liegt darin, dass herkömmliche Beobachtungsmethoden die Komplexität von Ökosystemen wie Regenwäldern nicht erfassen können. Ein einzelner Baum kann Dutzende Arten beheimaten, aber das dichte Blätterdach verhindert den Blick auf das, was darunter geschieht. Naturschützer müssen Entscheidungen auf Basis lückenhafter Daten treffen und Regierungen können ökologische Folgen geplanter Projekte nur grob einschätzen. Die Folgen sind ineffiziente Schutzmaßnahmen und eine Umweltpolitik ohne harte Fakten.

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Mit digitalen Zwillingen durch den Regenwald

Digitale Zwillinge bieten eine Lösung für dieses Dilemma durch präzise, skalierbare Datenerfassung. Anders als frühere Methoden, die lediglich einzelne Aspekte erfassen konnten, gelingt mithilfe digitaler Zwillinge erstmals eine ganzheitliche, kontinuierliche Überwachung kompletter Lebensräume.

Im costa-ricanischen La-Gamba-Korridor zeigt ein Pilotprojekt bereits, wie sich über 100 Quadratkilometer Regenwald bis zu fünf Zentimeter genau digital erfassen lassen – einschließlich der vollständigen Tier- und Pflanzenwelt sowie ihrer CO₂-Speicherkapazität. Der Korridor verbindet zwei Nationalparks und beherbergt mehr als 600 bedrohte Tierarten sowie über 200 endemische Baumarten.

Das R-evolution-Team, die Tochtergesellschaft für nachhaltige Innovation von Hexagon AB, nutzt verschiedene Techniken für eine mehrdimensionale Ansicht von La Gamba. In Zusammenarbeit mit AWS gelingt eine intelligente Verknüpfung verschiedener Datenquellen. Edge-Computing-Systeme verarbeiten Terabytes von Sensordaten vor Ort, bevor relevante Informationen über AWS IoT Core in die Cloud übertragen werden. Dort erstellen Machine-Learning-Algorithmen 3D-Modelle der Ökosysteme.

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Innovation durch intelligente Edge-Cloud-Architektur

Innovativ ist vor allem die intelligente Verknüpfung verschiedener Erfassungstechnologien mit Edge-Computing und Cloud-Infrastruktur. Luftgestützte und terrestrische LiDAR-Sensoren durchdringen Vegetationsschichten; zugleich identifizieren KI-basierte Kameras und Akustik-Sensoren Wildtiere automatisch. Das Herzstück bilden modulare Edge-Computing-Einheiten (A-BOXen), die auch ohne stabile Internetverbindung funktionieren. Diese basieren auf AWS IoT Greengrass und verarbeiten komplexe KI-Algorithmen direkt im Regenwald.

Die Cloud-Architektur verarbeitet täglich Millionen von Datenpunkten. Makro-Perspektiven entstehen durch Satellitendaten, die umfassende Informationen liefern. Terrestrische Sensoren erfassen gezielt Bodendetails und erweitern die Datengrundlage. Drohnenbasierte Systeme ergänzen das Spektrum, indem sie Zwischenschichten analysieren. Sensordaten werden in Echtzeit von AWS Lambda ausgewertet; gleichzeitig optimiert Amazon SageMaker fortlaufend die Modelle zur Tiererkennung.

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Ganzheitliche Analyse von Ökosystemen in Echtzeit

Durch die Integration von Satellitendaten, Luftaufnahmen, Bodenscans und Sensornetzwerken in einem digitalen Modell lassen sich Analysen vom einzelnen Baum bis hin zum gesamten Ökosystem erstellen. Die Technologie macht unsichtbare ökologische Prozesse messbar, etwa durch KI-gestützte Bild- und Akustikerkennung von Tierarten und ihre Integration in detailgetreue 3D-Modelle des Regenwalds.

Diese neue Technologie verändert die Arbeit von Naturschutzorganisationen grundlegend: Statt aufwendiger Feldstudien erhalten sie kontinuierliche Echtzeitdaten über Artenvielfalt, Populationsentwicklungen und Bedrohungsszenarien. Regierungen profitieren von präziser Modellierung der Umweltauswirkungen geplanter Infrastrukturprojekte. Die Technologie unterstützt bei evidenzbasierten Genehmigungsverfahren und kontinuierlicher Compliance-Überwachung. Erstmals erhalten Unternehmen die Chance, ESG-Ziele mit konkreten, messbaren Biodiversitätsbeiträgen zu belegen. Die detaillierte Dokumentation schafft Vertrauen bei potenziellen Investoren und macht eine frühzeitige Identifizierung von Umweltrisiken möglich.

Die Vielseitigkeit der Plattform zeigt sich bereits heute: Mit den gleichen Cloud-Diensten lassen sich sowohl die Gletscher in den Alpen als auch die Seegraswiesen auf den Bahamas überwachen. Digitale Zwillinge können zukünftige Entwicklungen vorhersagen und Frühwarnsysteme für ökologische Bedrohungen etablieren.

Paradigmenwechsel im Umweltmanagement

Digitale Zwillinge von Ökosystemen markieren den Übergang von reaktivem zu proaktivem Naturschutz. Sie verwandeln abstrakte Umweltdaten in konkrete Entscheidungsgrundlagen und schaffen damit die Basis für evidenzbasierte Umweltpolitik. Die Technologie macht Natur erstmals in einer Sprache sichtbar, die Wissenschaftler, Finanzexperten und Regierungen verstehen. So wird Naturschutz messbar wie nie zuvor und erhält im digitalen Zeitalter die Aufmerksamkeit, die er verdient.

Patzak

Matthias

Patzak

Executive in Residence

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