So disruptiv wie sich generative KI im Geschäftsleben auch erweist, geht es nun darum, sie pragmatisch in den Arbeitsalltag einzuflechten.
Auch in den Finance- und Procurement-Abteilungen von SAP-Anwenderunternehmen entstehen Fortschritte im kommenden Jahr nicht durch große Sprünge, sondern durch gezielte, praktikable Schritte.
Kaum jemand, der im Privatbereich nicht bereits mit ChatGPT herumprobiert, es oft sogar zu seinem alltäglichen Hilfsmittel gemacht hat. Dies hat erheblichen Einfluss auf die Erwartungshaltung im Unternehmen. Die Bereitschaft steigt, neue KI-gestützte Funktionen im Arbeitsprozess zu akzeptieren und aktiv einzufordern. Viele Impulse für Use Cases entstehen spontan im Tagesgeschäft – nicht aus umfangreichen Strategiedokumenten, sondern aus konkreten Situationen, in denen Mitarbeitende nach sofortigen Vereinfachungen suchen.
Pragmatischer Einstieg: KI zuerst in bestehenden Lösungen
Ein klar erkennbarer Trend ist der „sanfte“ KI-Einstieg über bereits vorhandene Software. Unternehmen dürften auch im kommenden Jahr auf groß angelegte KI-Großprojekte zunächst verzichten und stattdessen Funktionen nutzen, die in bestehenden Lösungen integriert sind. Das senkt die Komplexität: gleiche Infrastruktur, gleiche Compliance-Rahmenbedingungen, definierte Prozesse.
Dieser Ansatz minimiert Risiken und beschleunigt die Wertschöpfung. Anbieter kennen die jeweiligen Workflows gut und können KI gezielt dort einsetzen, wo sie nachweislich Mehrwert schafft. Gerade in Zeiten knapper IT-Ressourcen wird diese pragmatische Form der Einführung zum bevorzugten Weg.
Agentic AI als neuer Automatisierungshebel
Stark an Bedeutung gewinnen werden in 2026 autonome KI-Agenten, die kontextbasierte KI-Entscheidungslogik mit klassischer Automatisierung kombinieren. Die Vorstellung einer allmächtigen KI, die alles selbst erledigt, verliert an Strahlkraft. Stattdessen setzt sich der hybride Ansatz durch: KI analysiert, priorisiert, erkennt Abweichungen; deterministische Logik führt aus. Im SAP-Umfeld eröffnen sich dadurch neue Automatisierungsgrade, insbesondere in Beschaffung, Stammdatenpflege und Rechnungsverarbeitung. Für Finance- und Procurement-Teams bedeutet Agentic AI weniger manuelle Arbeit, schnellere Abläufe und eine deutliche Reduktion repetitiver Tätigkeiten.
Ein weiteres Topthema in 2026 dürfte die verpflichtende Einführung der E-Rechnung im B2B-Bereich sein. Viele Unternehmen stehen hier erst am Anfang: Frühere Umfragen zeigen, dass ein erheblicher Teil noch nicht einmal E-Rechnungen versenden kann. Spätestens zum 1. Januar 2027 müssen nahezu alle Unternehmen elektronische Rechnungen ausstellen; die Frist bis 2028 gilt nur für sehr kleine Betriebe. Für typische SAP-Anwender ist der Versand daher ein obligatorisches Transformationsprojekt des Jahres 2026.
S/4HANA-Umstieg bleibt ein zäher Prozess
Die Migration vom alten SAP ECC zu S/4HANA bleibt auch in den kommenden zwölf Monaten ein Dauerbrenner. Trotz steigender Cloud-Vertragszahlen ist die Realität der Bestandskundenmigration weit weniger dynamisch als SAP es gern hätte. Interne Ressourcen als auch externe Beraterkapazitäten bleiben knapp. 2026 wird also kein „S/4HANA-Jahr“, sondern nur ein weiteres Etappensegment eines langen Transformationsprozesses. Immerhin: Die Nachfrage nach Public-Cloud-spezifischen Lösungen steigt spürbar. Erste produktive Implementierungen zeigen, dass das Modell zunehmend akzeptiert wird – nicht rasant, aber stetig. Zusammengefasst gesagt: 2026 wird ein Jahr, in dem Technologie reifer und greifbarer wird – und in dem SAP-Anwenderunternehmen ihre Transformationsprozesse mit mehr Pragmatismus als Pathos vorantreiben.