Transformation ist mehr als IT

Digitalisierung im Maschinenbau: Handeln statt zögern

Innovation

Der Maschinenbau gilt als zentraler Pfeiler des Industriestandorts Deutschland: Ingenieurskunst, Präzision und Qualität haben ihn weltweit zur Marke gemacht.

Doch während Produkte und Technik auf höchstem Niveau sind, hinkt die Digitalisierung hinterher. Das zeigt sich besonders in der Produktion und Montage, also dort, wo Maschinen und Bauteile tatsächlich gefertigt werden.

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Die Zahlen sind alarmierend: Laut dem aktuellen PwC-Maschinenbau-Barometer investieren zwar über die Hälfte der Unternehmen in KI, aber meist nur dort, wo digitale Strukturen bereits vorhanden sind. Bereiche wie Fertigung oder Service bleiben außen vor. Gleichzeitig meldet das ifo-Institut, dass ein Drittel der Unternehmen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sinken sieht. Die Botschaft: Wer jetzt nicht handelt, riskiert, vom einstigen Exportweltmeister zum Zulieferer zweiter Reihe zu werden.

Warum Projekte im Maschinenbau oft steckenbleiben

Die Technik ist nicht das Problem. Sensorik, Datenplattformen und KI sind da. Was fehlt, ist die konsequente Umsetzung. Viele Unternehmen stecken in einer Mentalität, die auf Sicherheit setzt: Erst jedes Detail durchdenken, bevor man startet. Doch dieser Perfektionismus kostet Zeit, und Zeit ist in globalisierten Märkten die knappste Ressource.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein mittelständischer Komponentenhersteller möchte KI für die Qualitätskontrolle einsetzen. Statt mit einem Pilotprojekt zu beginnen, diskutiert der Hersteller über Monate über Datenquellen, Risiken und mögliche Widerstände. Ergebnis: Der Wettbewerb brachte sein System zuerst auf den Markt – mit messbaren Effizienzgewinnen. Die Folge: Wer zaudert, verliert den Vorsprung an andere.

Business Values: Was Anwender wirklich gewinnen

Wer Digitalisierung konsequent angeht, spürt die Effekte im Tagesgeschäft. 

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In der Fertigung können Sensordaten helfen, Ausfälle schneller zu erkennen und Stillstände zu verringern. Unternehmen berichten, dass Produktionsplanung dadurch verlässlicher wird und teure Überraschungen seltener auftreten.

Auch im Service zeigt sich der Nutzen: Mit AR-Brillen, KI in der Fehlererkennung oder Remote-Support müssen Techniker nicht für jeden Einsatz reisen. Stattdessen lassen sich viele Probleme direkt beim Kunden lösen und die Mannschaft schafft mehr Anfragen in kürzerer Zeit.

In der Qualitätssicherung wiederum setzen Unternehmen auf KI-gestützte Bildanalyse. Fehlerhafte Teile werden automatisch aussortiert, die Produktion läuft stabiler.

Diese Erfahrungen zeigen: Digitalisierung ist kein Zukunftsthema, sondern macht sich sofort bemerkbar – in effizienteren Abläufen, entlasteten Fachkräften und zufriedeneren Kunden. 

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Innovationspotenzial jenseits der Maschine

Doch die eigentliche Stärke der Digitalisierung zeigt sich in völlig neuen Formen der Wertschöpfung. Der Maschinenbau hat jahrzehntelang Produkte perfektioniert. Die Zukunft aber liegt in Geschäftsmodellen, die über Hardware hinausgehen.

Ein Beispiel sind digitale Zwillinge. Sie werden längst nicht mehr nur zur Prozesssimulation genutzt, sondern auch zur Schulung neuer Mitarbeitender. Das verkürzt die Einarbeitung erheblich und reduziert Fehler.

Auch Predictive Maintenance verändert das Geschäft. Anstatt auf starre Wartungsintervalle zu setzen, überwachen Sensoren kontinuierlich den Zustand der Maschinen. So lassen sich Ausfälle vorausschauend verhindern – Kosten sinken, Zuverlässigkeit steigt.

Noch weiter geht das Prinzip „Leistung als Service“: Manche Unternehmen verkaufen nicht mehr die Maschine selbst, sondern garantieren deren Verfügbarkeit oder Produktionsvolumen. Damit entstehen wiederkehrende Einnahmen, eine engere Kundenbindung und zusätzliche Umsatzquellen.

All diese Ansätze haben eines gemeinsam: Sie machen Wertschöpfung skalierbar, unabhängig von Stückzahl und Einzelpreis.

Kundenperspektive: Digitalisierung als Wettbewerbsfaktor

Digitalisierung ist nicht nur eine interne Effizienzfrage, sondern wirkt bis in die Beziehung zum Kunden. Entscheidend sind Erwartungen wie Transparenz, Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit. Wer hier digital aufgestellt ist, hat einen klaren Vorteil.

Lieferzeiten und Transparenz:

Kunden erwarten zunehmend Echtzeitinformationen über den Status ihrer Aufträge. Ein Maschinenbauer hat hierfür eine digitale Plattform entwickelt, auf der Kunden jederzeit den Produktionsfortschritt nachverfolgen können, vom Rohmaterial bis zum Versand. Ergebnis: weniger Rückfragen, schnellere Reaktionszeiten und ein messbarer Wettbewerbsvorteil bei Neukunden.

Nachhaltigkeit als Kaufargument:

Auch Nachhaltigkeit wird zur harten Anforderung. Datenbasierte Systeme ermöglichen, Energie- und Ressourceneinsatz präzise zu messen und zu optimieren. Ein Hersteller von Spezialmaschinen hat ein Energiemonitoring in der Fertigung eingeführt. Das senkte nicht nur den eigenen Stromverbrauch um 12 Prozent, sondern wurde zum Verkaufsargument: Kunden erhalten nun konkrete Nachweise über die CO₂-Bilanz der produzierten Bauteile.

Serviceerwartungen verändern sich:

Wo früher der Kauf einer Maschine den Abschluss bildete, erwarten Kunden heute digitale Zusatzleistungen – von Remote-Support über Predictive Maintenance bis zu Pay-per-Use-Modellen. Ein Praxisbeispiel: Ein Anbieter von Verpackungsmaschinen stellte seinen Service auf ein digitales Abo-Modell um. Statt einmaliger Wartungsverträge verkauft er heute Verfügbarkeitsgarantien. Für den Kunden bedeutet das planbare Kosten, für den Hersteller kontinuierliche Einnahmen und engere Bindung.

Die Botschaft ist klar: Digitalisierung schafft Mehrwert nicht nur intern, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette, bis hin zum Kunden. Wer diese Perspektive ernst nimmt, macht sich unabhängiger vom Preisdruck und positioniert sich als Partner für Effizienz, Transparenz und Nachhaltigkeit.

Transformation ist mehr als IT

Digitalisierung schafft also Mehrwert für Kunden, doch dieser Nutzen entsteht nur, wenn auch die Organisation dafür bereit ist. Genau hier liegen viele Stolpersteine: Die eigentliche Hürde liegt oft nicht in der Technik, sondern in den Köpfen. Jahrzehntelang war der Maschinenbau erfolgreich mit Kontrolle, Perfektion und Planung. Doch diese Logik wird heute zum Bremsklotz. 

Stattdessen braucht es neue Kompetenzen. An erster Stelle steht ein grundlegendes Verständnis für Daten: Mitarbeitende müssen nachvollziehen können, wie Daten entstehen, wie sie genutzt werden und welchen Wert sie im Alltag schaffen. Nur so wird aus einer abstrakten Zahl ein Werkzeug für Entscheidungen.

Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen – die sogenannte Ambiguitätstoleranz. Wer nicht darauf wartet, dass alles bis ins letzte Detail perfekt ist, kann schneller handeln, Widersprüche aushalten und in kleinen Schritten lernen. Gerade in einer Branche, die traditionell auf Planung und Kontrolle setzt, ist das ein entscheidender Mentalitätswechsel.

Und schließlich geht es um Dialogfähigkeit. Digitalisierung gelingt nicht im Alleingang einzelner Abteilungen. Wissen muss geteilt, Konflikte offen angesprochen und unterschiedliche Perspektiven miteinander verbunden werden. Nur so entsteht eine lernende Organisation, die sich stetig weiterentwickelt.

Wie stark diese Faktoren wirken, zeigt ein Beispiel aus der Praxis: Ein Zulieferer führte ein einfaches Dashboard für Maschinendaten ein. Entscheidend war nicht die Technik, sondern dass die Teams die Freiheit bekamen, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Das Ergebnis: kürzere Rüstzeiten, schnellere Abläufe und eine spürbar höhere Motivation.

Fazit: Handeln statt zaudern

Der deutsche Maschinenbau verfügt über alles, was er braucht: Ingenieurskunst, Know-how, Marktstellung. Was fehlt, ist der Mut  zum nächsten Schritt und die Freude daran, Neues zu wagen. Wer jetzt handelt, schafft sich Spielräume: technologisch, wirtschaftlich und kulturell. Es gibt keinen Grund mehr zu warten – fangt an!

Degener

Eva

Degener

Director Business & Partner Relations

ada

Eva Degener ist Director Business & Partner Relations bei ada, wo sie Unternehmen dabei unterstützt, Zukunftskompetenzen aufzubauen und Transformation von innen heraus voranzutreiben. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie wir Führung und Lernen neu denken müssen, um den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten.
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