Die Vorteile von Datenmarktplätzen

Profitables Teilen: Die Sharing Economy der Daten

Bei Wohnungen, Autos, Rasenmähern oder Schrebergärten funktioniert die Sharing Economy schon ganz passabel. Beim Teilen von Firmendaten allerdings noch nicht. Dabei könnten Unternehmen Datenmarktplätze nutzen, um eigene Informationen zu monetarisieren und mit erworbenen Daten Produkte zu verbessern.

Zwei von drei Unternehmen in Deutschland waren zwischen 2016 und 2018 von Datendiebstahl, Industriespionage oder Sabotage betroffen. Diesen erschreckend hohen Wert hat der Digitalverband Bitkom bei einer Umfrage unter rund 500 Sicherheitsverantwortlichen ermittelt. Vielleicht ein Grund dafür, dass sich Unternehmen davor scheuen, firmeninterne Daten freiwillig offenzulegen. Dabei birgt das Teilen von Daten ein hohes Belohnungspotenzial.

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Daten teilen und präziser warten

Dass Unternehmen davon profitieren können, wenn Daten branchenübergreifend fließen, hat sich durchaus schon herumgesprochen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) teilen drei von vier mittleren und großen Unternehmen in Deutschland Daten mit Kunden und Geschäftspartnern. Der Maschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen zum Beispiel zeigt bereits, wie diese Datenökonomie in der Praxis funktioniert: Der Traditionsbetrieb bietet seinen Kunden einen Dienst für die vorausschauende Wartung an. Der Plan: Die Nutzer füttern den Datenpool mit ihren Sensorinformationen und profitieren von den Messwerten anderer Firmen. Je mehr Maschinendaten am Ende verfügbar sind, desto präziser wird der Service für alle Teilnehmer – wenn nämlich genau berechenbar ist, wann eine Druckmaschine eine Wartung benötigt.

Das übliche Problem: Kein Akteur in einer Produktions- oder Transportkette besitzt alleine alle nötigen Daten. So wie die Heidelberger Druckmaschinen oft nur Teil eines Systems sind, etwa von Falz-, Verpackungs- oder Versandanlagen, ist es häufig in der produzierenden Industrie 4.0: Die kleinen Temperatursensoren eines Zulieferers sind in der Komponente eines weiteren Herstellers verbaut, welche in der Maschine eines Dritten steckt – die wiederum Teil der Anlage von Produzent Nummer vier ist.

Wie in der Smart Factory ist der Datenaustausch auch in der Logistik nützlich. Beispielsweise bei der Pünktlichkeit: Im weltweiten Warenverkehr trifft laut Studie „Supply Chain Worldwide“ des Logistikspezialisten Geodis gut ein Drittel aller Lieferungen verspätet ein. Die Unternehmen wissen meist nur, wann und wo ihre Sendung verladen wurde – an welcher Stelle und aus welchem Grund sich die Lieferung verzögert, bleibt ungewiss. Muss es aber nicht – weil die entsprechenden Informationen an verschiedenen Punkten bereits vorliegen. Man muss sie nur entdecken. Und da liegt das Problem: Dem Gros der Unternehmen ist weder klar, auf welchem Wissensschatz sie dank ihrer Daten sitzen, noch ahnen sie, welche Informationen auf dem Markt frei verfügbar sind.

Verspätungen schon vor dem Start berechnen

Hier können Datenmarktplätze eine wichtige Schnittstellenfunktion übernehmen. Diese zentralen Plattformen bieten eine komplette Marktübersicht über Daten, die frei oder zum Kauf zur Verfügung stehen. Datenproduzenten und -konsumenten handeln hier Informationen, die sie etwa zum Trainieren von Algorithmen für Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning brauchen. Bei Pünktlichkeitsproblemen in der Logistik geht es nämlich nicht nur darum, zu wissen, wo sich etwa ein Schiffscontainer momentan befindet, der sich von Shanghai auf den Weg nach Hamburg gemacht hat. Das lässt sich bereits mit entsprechenden Trackinglösungen gut umsetzen. Mit den aggregierten historischen Daten aus Wetteraufzeichnungen und früheren Transporten – auch von anderen Reedereien – sowie aktuellen Informationen zur Verkehrslage, etwa am Engpass Suezkanal, könnte eine KI Verspätungen präziser voraussagen – noch bevor das Schiff den Hafen von Shanghai verlässt.

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Datendrehscheibe mit KI-Werkstatt

Datenmarktplätze können zudem mehr als bloße Datendrehscheiben sein, wenn sie selbst bereits Analysetools für Unternehmen beinhalten. Wie zum Beispiel der Data Intelligence Hub (DIH), die unabhängige Handelsplattform der Deutschen Telekom für sicheren und effizienten Austausch, Verarbeitung und Analyse von Daten. Die dezentrale Referenzarchitektur des DIH wurde von der International Data Spaces Association (IDSA) entwickelt. Diese Initiative unter Führung des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik (ISST) will virtuelle Datenräume für einen sicheren Austausch von Daten auch über internationale Grenzen hinweg schaffen.

Der DIH stellt Anwendern eine komplette KI-Werkstatt bereit. Spezialisten der Telekom für Datenanalysen helfen dabei, unstrukturierte Daten in geschäftsrelevante Erkenntnisse zu verwandeln. Die Stadt Bonn nutzt den DIH bereits als Bürgerportal und macht Bewohnern und Unternehmen die Daten der Stadt frei zugänglich: Infos zu Sehenswürdigkeiten, Standorte von WLAN-Hotspots und Taxiständen, Termine der Müllabfuhr oder Messwerte zur Luftqualität.

Garantierte Datensouveränität

Der DIH erfüllt zudem das Sicherheitsbedürfnis vieler Unternehmen. Laut PwC sorgt sich mehr als die Hälfte der Befragten, beim Datenaustausch die Souveränität über sensible, unternehmensinterne Daten zu verlieren oder gar Geschäftsgeheimnisse preiszugeben. Wer über den Data Intelligence Hub seine Informationen teilt, behält die Datensouveränität und kann die Nutzungsregeln festlegen. So erstellen die Anwender Black- und Whitelists und steuern damit, wer – vor allem welches andere Unternehmen – welche Daten in welchem Zeitrahmen sehen darf und wer nicht. Eine Reederei könnte zum Beispiel festlegen, dass nur ein bestimmter Logistiker die Verladedaten eines Containers oder die Positionsdaten eines Schiffs erhält.

Zudem fungiert der DIH als neutraler Datenbroker, der Informationen nur vermittelt. Die Plattform wickelt den Informationsfluss, rechtssicher dokumentiert, unmittelbar und ausschließlich zwischen den Datenlieferanten und den Abnehmern ab – per Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und in Echtzeit. Informationen werden weder extern noch zentral gespeichert. So können Unternehmen ohne Furcht vor Sicherheitslücken eigene Daten monetarisieren und mit den erworbenen Informationen anderer Unternehmen Wissenslücken schließen – und damit von einer Sharing Economy der Daten profitieren.

Dr. Karsten Schweichhart Dr. Karsten Schweichhart studierte Informatik an der TU Berlin und in Bonn und promovierte in Wirtschaftswissenschaften in Kassel. Seit 1993 war er bei der Deutschen Telekom in diversen verantwortlichen Positionen tätig, unter anderem Leiter Group-IT-Strategie, CIO der Tochterfirma T-Nova und Leiter Group Enterprise Architecture.

dih.telekom.net

 

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