Nach einer Phase großer Erwartungen richtet sich der Blick vieler Unternehmen nun auf verantwortliche Nutzung und realistische Ziele.
Während 2024 und 2025 noch von enormem Hype geprägt waren, setzt sich im kommenden Jahr zunehmend die Einsicht durch, dass KI nur dann wirkt, wenn sie auf belastbaren Daten, klaren Regeln und vertrauenswürdigen Strukturen aufbaut. Zugleich zeigt eine aktuelle Befragung, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung den zunehmenden KI Einsatz kritisch sieht.
Um ein umfassendes Bild zukünftiger Entwicklungen zu zeichnen, haben Fachleute aus verschiedenen Technologieunternehmen ihre Einschätzungen abgegeben. Deutlich wird, dass der Fokus sich verschiebt. Nicht spektakuläre Prototypen stehen im Vordergrund, sondern tragfähige Grundlagen, Governance und der verantwortliche Umgang mit Daten.
Vernetzte KI Agenten als Produktivitätsmotor
Baris Gultekin von Snowflake erwartet einen Wandel in der Art und Weise, wie KI Systeme miteinander arbeiten. Aktuell agieren die meisten Agenten isoliert innerhalb einzelner Plattformen. Ab 2026 dürfte der Ruf nach offenen Standards und interoperablen Schnittstellen lauter werden. Ziel ist ein System, in dem unterschiedliche Agenten kommunizieren, Aufgaben austauschen und eigenständig zusammenarbeiten können. Dadurch könnten künftig komplexe Abläufe automatisiert werden, die heute noch von Hand koordiniert werden müssen.
Wachsende Mengen unstrukturierter KI Daten
Mit der steigenden Nutzung generativer Systeme entsteht eine neue Form von Datenballast. Darauf weist Steve Yen von Couchbase hin. KI erzeugt ununterbrochen neue Inhalte, Ausgabevarianten und Analyseobjekte, die oft nur lose strukturiert sind. Ohne moderne Dateninfrastrukturen führt dies zu redundanten Informationen, inkonsistenten Tabellen und sinkendem Vertrauen in die Aussagekraft der Daten. Unternehmen müssen deshalb ihre Datenbasis stabilisieren und klare Strukturen schaffen, um Kontrolle und Qualität zu sichern.
Europas Einfluss auf den globalen KI Einsatz im Marketing
Im Marketing zeigt sich ein interessanter Unterschied zwischen Regionen. Elizabeth Maxson von Contentful beobachtet, dass europäische Unternehmen tief in Fragen der KI Steuerung einsteigen, während in den USA lange Zeit vor allem Performance und Testverfahren im Mittelpunkt standen. Bis 2026 dürfte sich diese Schere schließen. Europäische Teams übernehmen agilere Methoden, amerikanische Teams orientieren sich stärker an regulatorischen Anforderungen.
Das Fundament gewinnt an Bedeutung
Marco Pfuhl von Wasabi weist darauf hin, dass viele Unternehmen die größte Herausforderung nicht in neuen Modellen sehen, sondern in ihrer eigenen IT Landschaft. KI Systeme erzeugen enorme Lasten und verlangen schnelles Speichern, Abrufen und Verteilen von Daten. Erst wenn diese Basis stimmt, lassen sich Anwendungen skalieren und wirtschaftlich nutzen. Daher werden Investitionen ab 2026 weniger in neue KI Modelle fließen, sondern in Speicherlösungen und Datenarchitekturen, die überhaupt erst ermöglichen, dass KI zuverlässig arbeiten kann.
KI als Stütze im Entwickleralltag
Trotz KI Werkzeugen bleibt die Belastung vieler Entwickler hoch. Studien zeigen, dass ein großer Teil unter Erschöpfung leidet. Ein Grund dafür ist die fehlende Zuverlässigkeit mancher generativer Tools, die zusätzliche Kontrollarbeit verursachen. Laut Miguel Baltazar von Outsystems können intelligente Low Code Plattformen Abhilfe schaffen. Sie integrieren Governance Funktionen direkt in Entwicklungsprozesse und sorgen dafür, dass KI strukturiert und nachvollziehbar eingesetzt wird.
Einwilligung als entscheidender Faktor
Für Tilman Harmeling von Usercentrics wird 2026 die Frage nach ethischem Umgang mit Daten wichtiger denn je. Unternehmen müssen nachweisen, dass Modelle nur mit Daten trainiert wurden, für die eine gültige Zustimmung vorliegt. Fehlende Einwilligungen gefährden künftig nicht nur den Ruf, sondern auch den Zugang zu Märkten. Firmen, die Consent Management frühzeitig verankern, stärken ihr Vertrauen und sichern sich einen Vorteil.
Auf dem Weg zu reifer KI Nutzung
Was sich abzeichnet, ist ein grundlegender Wandel. 2026 geht es nicht mehr darum, KI möglichst schnell auszubauen, sondern darum, sie auf stabile Beine zu stellen. Dazu gehören klare Strukturen, zuverlässige Daten, robuste Systeme und das Vertrauen der Nutzer. Unternehmen, die diese Basis schaffen, werden langfristig erfolgreicher sein als jene, die sich allein auf kurzfristige Effekte konzentrieren.
Ein Jahr der Weichenstellung
Damit wird 2026 zu einem Übergangsjahr. Die Branche wendet sich vom Hype ab und richtet ihren Blick auf nachhaltige Umsetzung. Entscheidend wird sein, wer KI technologisch, ethisch und wirtschaftlich wirklich durchdrungen hat und sie nicht nur einsetzt, sondern verantwortungsvoll gestaltet.