Ein „Danke“ verändert mehr als jedes Benefit-Programm?

Wertschätzung als Führungsimpuls

Dankbarkeit

Montagmorgen, kurz vor acht und der Duft frischer Brötchen hängt in der Luft. Vor der Bäckertheke eine kleine Schlange, Kaffeebecher in der Hand und noch etwas verschlafen.

Dann die Stimme eines Mannes im Maßanzug: „Drei Brötchen.“ Kein Gruß, kein „Bitte“ und kein Blickkontakt. Nur ein kurzer Befehlston, wie an einen Automaten gerichtet. „Kaum wahrnehmbar, aber spürbar verändert sich die Stimmung – ein kleines Beispiel dafür, wie Wortwahl und Haltung selbst in flüchtigen Momenten Wirkung entfalten“, beschreibt Ben Schulz, Unternehmensberater und SPIEGEL-Bestseller-Autor.

Anzeige

„Im Unternehmensalltag geschieht oft Ähnliches: Die Art, wie miteinander gesprochen wird, formt das Klima und zwar subtil, aber beständig. Führung zeigt sich nicht nur in Strategiepapieren oder Zielvereinbarungen, sondern im ganz normalen Miteinander, an der Kaffeemaschine, auf dem Flur oder bei der Begrüßung am Morgen.“ Und genau hier offenbart sich ein oft unterschätzter Zusammenhang: Wer im Alltag achtlos kommuniziert, braucht sich nicht zu wundern, wenn im Team der Respekt fehlt – Wertschätzung ist keine Einbahnstraße.

Wertschätzung wirkt nicht auf Knopfdruck

Deutschlandweit berichten 41 Prozent der Beschäftigten, dass sie sich am Arbeitsplatz zu wenig wertgeschätzt fühlen und nennen dies als einen der Hauptgründe für sinkende Motivation und steigende Wechselbereitschaft. Gleichzeitig zeigt sich, dass schon kleine Gesten wie ein einfaches „Danke“ oder ein aufrichtiges Lob spürbare Effekte auf Motivation und Leistungsbereitschaft haben, oft stärker als viele Führungskräfte vermuten. „Solche Auswirkungen entstehen nicht durch formale Programme, sondern durch aufmerksames Handeln im Alltag. Ein wertschätzender Satz, ein offenes Ohr, ein ehrliches Kompliment – diese Momente summieren sich und schaffen Vertrauen, weit über den Augenblick hinaus“, weiß der Führungsexperte.

Viele Unternehmen investieren massiv in Benefits, Gesundheitsprogramme oder flexible Arbeitsmodelle und dennoch verhallt dieser Einsatz, wenn im Alltag Achtung und Anerkennung fehlen. Wertschätzung ersetzt keine Leistung, aber Leistung ohne Wertschätzung verliert an Wirkung.

Anzeige

Dankbarkeit als Innovationsmotor

In den letzten Jahren hat sich klar gezeigt: Führungskräfte, die Dankbarkeit als feste Haltung leben, neigen zu demütigem Verhalten, fördern offene Kommunikation und steigern dadurch messbar die Innovationskraft ihres Teams. Schulz verrät: „Wenn Mitarbeitende wissen, dass ihre Beiträge gehört, gesehen und geschätzt werden, fällt es ihnen leichter, neue Ideen einzubringen, Risiken einzugehen und auch einmal ungewohnte Wege vorzuschlagen. Dankbarkeit wirkt dabei wie ein Katalysator: Sie öffnet Räume für Kreativität und baut Barrieren ab, die Innovation sonst behindern. So schafft Wertschätzung psychologische Sicherheit – das Gefühl, im Team offen zu sprechen, Fehler zuzugeben und Fragen stellen zu können, ohne negative Konsequenzen zu befürchten.“ Dabei handelt es sich nicht um eine Nebensache, sondern einen zentralen Faktor für Lernbereitschaft, Zusammenarbeit und Veränderungsbereitschaft.

Bemerkenswert erweist sich hier: Viele unterschätzen, wie positiv Menschen auf echten Dank reagieren. Satt Verlegenheit überwiegt häufig Überraschung und nicht selten löst dies auch eine Kettenreaktion aus, bei der Wertschätzung weitergeben wird. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass ein Arbeitsplatz kein Ort für Therapie ist und Führungskräfte keine persönlichen Heiler sind. Wer ständig Bestätigung einfordert, ohne selbst Anerkennung zu geben, blockiert nicht nur das eigene Wachstum, sondern auch das des Teams.

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.

Wertschätzung braucht Routine

Damit Dankbarkeit sich nicht zum zufälligen Nebenprodukt entwickelt, sondern als fester Bestandteil zur Unternehmenskultur gehört, helfen einfache Rituale. Ein kurzer Dank zu Beginn eines Meetings, eine handgeschriebene Notiz für besondere Unterstützung oder ein spontanes Lob im Kollegenkreis – all das wirkt über den Moment hinaus. Eine Studie zum witnessing effect zeigt auch, dass solche Gesten nicht nur den Empfänger zu mehr Hilfsbereitschaft motivieren, sondern auch Dritte, die sie miterleben.

„Wertschätzung nach oben gehört aber genauso dazu wie die Anerkennung für Mitarbeitende“, so der Experte. „Lob für gute Entscheidungen der Führung schafft Vertrauen und zeigt, dass Beziehung im Arbeitskontext keine Einbahnstraße ist.“ Je regelmäßiger die Impulse gesetzt werden, desto stärker prägen sie die Kultur und desto weniger müssen Führungskräfte mit aufwendigen Programmen gegensteuern.

Führung als gelebte Beziehung

Wertschätzung lässt sich nicht delegieren, sie entsteht im direkten Kontakt. Führung auf Augenhöhe bedeutet, selbst vorzuleben, was im Team erwartet wird. Ein respektvoller Ton, offenes Zuhören und ehrliche Anerkennung schaffen Beziehungen, die nicht von Hierarchie, sondern von Vertrauen getragen werden.

Ben Schulz hält fest: „Am Ende geht es nicht um große Worte oder teure Maßnahmen, sondern um eine Haltung, die in jedem Gespräch, jedem Blickkontakt und jeder Entscheidung mitschwingt.“ Führung beginnt im Kleinen und manchmal eben schon beim Brötchenkauf. Wer diesen Gedanken ablehnt oder abtut, verpasst womöglich den wichtigsten Hebel für echte Selbstführung.

Schulz

Ben

Schulz

Ben Schulz & Partner AG

Die Ben Schulz & Partner AG ist ein 2001 gegründetes Beratungshaus mit Sitz in Dillenburg-Frohnhausen. Das Unternehmen unterstützt Mittelständler bei der Entwicklung und Umsetzung wirkungsvoller Unternehmensleitbilder, Führungsleitlinien, Strategien sowie Führungskräfteentwicklung.
Anzeige

Artikel zu diesem Thema

Weitere Artikel

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.