Unterseekabel-Sicherheit

Hybride Angriffe: Schutz Kritischer Infrastruktur unter Wasser

Unterseekabel, Quelle GlobalConnect
Unterseekabel, Quelle GlobalConnect

Nach Nord Stream wächst die Sorge vor Sabotage an Internet-Kabeln. Julia Neumann, GlobalConnect, erklärt, wie sich 95% des globalen Datenverkehrs vor physischen Attacken schützen.

Digitale Verbindungen zwischen Deutschland und Skandinavien sind essenziell für Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft und basieren maßgeblich auf leistungsfähigen Seekabeln. Diese unsichtbaren Datenautobahnen am Meeresgrund ermöglichen schnelle, stabile und sickhere Kommunikation. Glasfaserkabel sind jedoch immer wieder Risiken wie Fischerei, Schiffsankern, Umwelteinflüssen und in letzter Zeit auch Sabotage ausgesetzt.

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Unsere moderne Gesellschaft hängt in fast allen Lebensbereichen von einer stabilen digitalen Infrastruktur ab: von Online-Banking, Telemedizin, Notrufsystemen, Zahlungsverkehr und Lieferkettensteuerung bis hin zu den Streaming-Plattformen, die wir am Feierabend nutzen. Das Rückgrat dieser Infrastruktur sind Glasfaser- und Unterseekabel, die mit Lichtgeschwindigkeit riesige Datenmengen transportieren – und das über Ländergrenzen und Kontinente hinweg, rund um die Uhr. Mehr als 95 Prozent des weltweiten Datenverkehrs laufen physisch durch Seekabel. Ohne sie wäre das Internet, wie wir es kennen, schlicht nicht funktionsfähig.

Hinzu kommt, dass der Bau solcher Unterseekabel mit enormen Kosten verbunden ist. Allein die Verlegung eines einzigen Kabels verschlingt oft Hunderte Millionen Euro. Während das eigentliche Ausrollen und Installieren der Kabel auf dem Meeresboden in wenigen Monaten abgeschlossen werden kann, zieht sich der Genehmigungsprozess oft über Jahre hin. Denn jedes Kabel, das mehrere Hoheitsgewässer und Landesgrenzen quert, erfordert komplexe Abstimmungen mit zahlreichen Behörden, Umweltverträglichkeitsprüfungen und internationale Vereinbarungen. Diese bürokratischen und politischen Hürden verzögern Projekte häufig erheblich.

Technisches Meisterwerk unter Wasser

Ein modernes Glasfaser-Seekabel ist ein technisches Meisterwerk: In seinem Kern verlaufen haarfeine Glasfasern, sie sind nur einen Bruchteil eines Millimeters dick, die die Lichtsignale übertragen. Diese Fasern werden durch mehrere Schichten geschützt: Kunststoffe, Stahlpanzerungen und Bleimäntel sorgen dafür, dass Feuchtigkeit abgehalten, mechanische Belastungen abgefedert und elektrische Störungen minimiert werden. An besonders kritischen Küstenabschnitten werden die Kabel zusätzlich in Gräben im Meeresboden verlegt oder mit Sandsäcken und Betonelementen abgedeckt, um sie besser zu tarnen.

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Risiken und wachsende Bedrohungen

Trotz aller baulichen Stabilität sind Unterseekabel immer wieder Risiken ausgesetzt. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie ständig zerstört werden: So hat GlobalConnect in mehr als 25 Jahren nur drei Schadensfälle an Seekabeln verzeichnet. Insgesamt entstehen mehr als zwei Drittel aller weltweit gemeldeten Beschädigungen an Unterseekabeln durch alltägliche Ursachen wie schleppende Anker, Grundschleppnetze oder Baggerarbeiten – unabhängig vom Betreiber. Hinzu kommt eine wachsende Bedrohung durch gezielte Sabotage, wie die Vorfälle rund um die Nord-Stream-Pipelines drastisch gezeigt haben. Sie haben Politik und Wirtschaft gleichermaßen vor Augen geführt, dass hybride Angriffe nicht nur digital, sondern auch physisch unter Wasser erfolgen können. Ein koordinierter Angriff auf mehrere zentrale Unterseekabel gleichzeitig könnte die Konnektivität erheblich beeinträchtigen, und das mit potenziellen Folgen für Wirtschaft, Sicherheit und Gesellschaft. Dank der hohen Redundanz und Ausweichrouten in modernen Netzen wäre jedoch selbst dann ein vollständiger Ausfall ganzer Regionen nur in Ausnahmefällen zu erwarten.

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Mehrstufiges Schutzkonzept

Deshalb setzen wir bei GlobalConnect auf ein umfassendes, mehrstufiges Schutzkonzept. Die erste Säule ist die Redundanz: Anstatt einzelne Kabel als „Single Point of Failure“ zu betreiben, werden Netze in Form eines engmaschigen, vermaschten Systems angelegt. Wenn ein Kabel ausfällt, kann der Datenverkehr automatisch über andere Leitungen umgeleitet werden. So wird die Wahrscheinlichkeit eines großflächigen Kommunikationsausfalls massiv reduziert. Investitionen in neue Trassen sind deshalb zentral.

Bauliche Maßnahmen für maximale Stabilität

Die zweite Säule sind präventive bauliche Maßnahmen: Wo immer möglich, werden Kabel in tiefere Seeabschnitte verlegt, die für Schiffe unzugänglich sind. An küstennahen Stellen kommen massive Armierungen zum Einsatz, die dem Kabel zusätzliche Stabilität verleihen. Auch die genaue Planung der Routen spielt eine große Rolle: Vermessungsteams scannen den Meeresboden, um bekannte Gefahrenzonen – etwa Wracks oder Hangrutschungen – zu vermeiden.

Schnelle Reaktions- und Reparaturfähigkeit

Die dritte Säule ist unsere Fähigkeit, im Störungsfall schnell und effektiv zu reagieren. Wird ein Kabel beschädigt, registriert unser Network Operations Center den Vorfall umgehend – der Datenverkehr kann innerhalb von Sekunden umgeleitet werden. Die Wiederherstellung der physischen Verbindung erfordert jedoch spezialisierte Ressourcen: Die Kabelenden müssen vom Meeresboden geborgen und an Bord speziell ausgerüsteter Kabelschiffe repariert werden. Dies erfolgt mit Lagertanks, Seilwinden und präzisem Reparaturwerkzeug. Da es in der nordischen Region nur eine begrenzte Anzahl solcher Schiffe gibt, haben sich Reparaturen in der Vergangenheit oft über mehrere Wochen hingezogen. Als Reaktion auf aktuelle Entwicklungen hat GlobalConnect die Überwachung ihrer Unterseekabel verstärkt und ihre Verträge mit wichtigen Subunternehmern aktualisiert. Dadurch können Kabelschiffe schneller mobilisiert, Ausfallzeiten minimiert und die volle Kapazität so schnell wie möglich wiederhergestellt werden.

Reparaturprozesse: Präzision auf hoher See

Kommt es trotz aller Prävention zu einer Beschädigung, beginnt ein minutiös geplanter Reparaturprozess: Spezialschiffe orten zunächst die genaue Schadstelle. Anschließend wird das Kabel mit ferngesteuerten Robotern oder Hebevorrichtungen an die Wasseroberfläche gebracht. Dort erfolgt das sogenannte Spleißen, also das präzise Verbinden der Glasfasern im Inneren. Dieser Vorgang erfordert hochspezialisierte Techniker und kann, je nach Wetterlage und Schadensumfang, mehrere Tage dauern. Währenddessen läuft der Datenverkehr über die Ausweichrouten.

Gemeinsame Verantwortung für die digitale Zukunft

Unternehmen wie wir tragen mit ihren Netzen maßgeblich dazu bei, dass Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft auch in Krisensituationen handlungsfähig bleiben. Die Verantwortung für die Sicherheit liegt dabei nicht allein bei einem einzelnen Betreiber, sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Staat, Unternehmen, Forschung und internationale Partner müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die digitalen Lebensadern unserer vernetzten Welt stabil, leistungsfähig und sicher bleiben.

Nur durch eine Kombination aus baulicher Verstärkung, innovativer Technologie, eng abgestimmter internationalen Zusammenarbeit und einer stetigen Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen kann der Betrieb der Unterseekabel langfristig resilient abgesichert werden. Denn sie sind das unsichtbare Rückgrat unserer digitalen Gesellschaft und damit von unschätzbarem Wert.

Julia Neumann

Julia

Neumann

Head of Communication

GlobalConnect

Julia Neumann ist Head of Communication bei GlobalConnect Germany. GlobalConnect ist Anbieter von digitaler Infrastruktur und Datenkommunikation in Dänemark, Norwegen, Schweden, Deutschland und Finnland. Mit einem umfangreichen Glasfasernetz fördert das Unternehmen den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland.
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