Ein ständig wachsender Anteil an Unternehmen vertraut ihre Business-Kommunikation Cloud-basierten UCC-Plattformen und Telefonanlagen an. Bei der Auswahl des passenden Anbieters sollten Unternehmen nicht nur auf die angebotene Feature-Palette achten, sondern ganz konkret abfragen: wie hoch ist wirklich die Verfügbarkeit des Anbieters? Wie gut ist die Sprachqualität?
Thomas Weiß, CTO bei STARFACE, sieht in dieser Hinsicht die Rechenzentren der UCC-Anbieter im Fokus und erläutert im Interview die wichtigsten Kriterien und Kennzahlen, mit denen sich die Qualität der Rechenzentren als Basis der UCC-Kommunikation bewerten lässt.
Herr Weiß, die heutige Business-Kommunikation nutzt eine Vielzahl an Kommunikationskanälen, gerade in großen Unternehmen mit verteilten Standorten. Wo sehen Sie hier die größten technischen Herausforderungen?
Thomas Weiß: Egal ob Mail, Chat, Shared Documents, Telefon oder Videoconferencing – die Kommunikation in Echtzeit ist für unser Arbeitsleben zentral und kritisch. Gleichzeitig sind die technischen Anforderungen für diese Echtzeitkommunikation gestiegen: Für die Calls ihrer Angestellten brauchen Unternehmen nun mal genügend Bandbreite sowie niedrige Latenzen und Jitter – sonst ist der Ton abgehackt oder das Bild friert ein. Es kommt zu Frust bei den Anwesenden, im Worst Case passiert dies während eines wichtigen Kundentermins.
Ist Sprachbasierte Kommunikation für Sie der kritischste Bereich bei den Qualitätsanforderungen?
Thomas Weiß: Absolut! Wenn es wirklich wichtig wird, greift man zum Hörer oder vereinbart einen Video-Call. Daher sind diese Kanäle auch die beiden kritischsten im Hinblick auf ausreichende technische Ressourcen und einen reibungslosen Betrieb. Aber auch die anderen UCC-Tools sind natürlich von einer reibungslos funktionierenden Infrastruktur abhängig.
Das Datacenter wird zum Spiegel der Servicequalität insgesamt – natürlich muss auch die Performance stimmen.
Thomas Weiß, CTO, STARFACE GmbH,
Worauf sollten Unternehmen bei der Auswahl der Infrastruktur für ihre UCC-Lösungen achten?
Thomas Weiß: UCC ist heutzutage Cloud-basiert, und wie performant oder verfügbar diese UCC-Clouds sind, hängt zu großen Teilen von den Rechenzentren ab, in denen sie gehostet werden. Der Betrieb eigener Rechenzentren ist in den seltensten Fällen betriebswirtschaftlich vernünftig. Also nutzen Unternehmen dafür die Datacenter der UCC-Anbieter. Doch genau hier ist Vorsicht geboten: Wer erstklassige Audio- und Videoqualität mit geringen Übertragungsstörungen haben möchte, hat bei der Auswahl einiges zu beachten.
Was genau muss beachtet werden?
Thomas Weiß: Da wäre etwa das Problem der ‚lauten Nachbarn‘. Gerade bei Anbietern von Public Clouds teilen Sie sich die Infrastruktur mit anderen Unternehmen. Als laute Nachbarn bezeichnet man die anderen Cloud-Dienste im gleichen Rechenzentrum, die die vorhandene Bandbreite und Rechenleistung ebenfalls für sich beanspruchen. Hier sind gerade rechenintensive Backup-Prozesse zu Spitzenzeiten ein Kapazitäts-Problem. Das eigene Mailprogramm leidet darunter nicht merklich, die Sprach- und Videoqualität meiner UCC-Lösung oder Cloud- PBX aber sehr wohl. Stellen Sie sich jetzt noch vor, ein ‚benachbartes‘ Unternehmen wird Opfer eines DDoS-Angriffs: Dann bin ich -obwohl selbst nicht das Ziel- in meiner Kommunikation blockiert oder zumindest stark eingeschränkt.
Unternehmen sollten ihre Infrastruktur folglich so wählen, dass die ‚Nachbarn‘ keinen Einfluss auf sie haben.
Thomas Weiß: Richtig! Für performante und hochverfügbare Audio- und Videoqualität sind die Datacenter-Strukturen von anderen Nutzern komplett zu isolieren. Dafür braucht es getrennte Netze und separate, exklusiv für den UCC-Dienst reservierte Core-Switches. Die Basis dabei ist eine saubere Konfiguration. Das gilt für den Hypervisor (eine Software oder Firmware, die es ermöglicht, mehrere virtuelle Maschinen (VMs) auf einem einzigen physischen Computer zu betreiben) und auch für die Architektur an sich: Compute Nodes müssen klar von den Speicherknoten getrennt werden. Sämtliche Daten sind auf drei verschiedenen Servern zu speichern, um für Ausfälle gerüstet zu sein.
Das ist aber mehr als Isolierung…
Thomas Weiß: In der Tat! Auch die Redundanz ist ein entscheidender Faktor für zuverlässige UCC-Kommunikation. Neben einer Datenreplikation auf verschiedenen Servern sollten mindestens zwei Rechenzentren redundant geschaltet sein. Was hier meist vergessen wird: Diese Rechenzentren sollten sich in jeder Hinsicht voneinander unterscheiden, nicht nur beim Standort. Neben einem anderen Betreiber gilt dies vor allem für den technologischen Unterbau, also sämtliche Hard- und Softwarekomponenten.
Das klingt auf den ersten Blick übertrieben.
Thomas Weiß: Aber nur so lassen sich Single Points of Failure vermeiden! Es gab durchaus schon Fälle, in denen zwei redundante Rechenzentren durch Probleme bei einer einzigen, in beiden Zentren eingesetzten Software-Lösung ausgefallen sind. Nur UCC-Cloud-Provider, die hier auf jedes Detail achten, schaffen Vertrauen beim Kunden. Überspitzt formuliert: Das Datacenter wird zum Spiegel der Service-Qualität insgesamt – natürlich muss auch die Performance stimmen.
Welche Netzwerkanforderungen stellt UCC denn konkret an ein Rechenzentrum?
Thomas Weiß: UCC benötigt weitaus mehr Bandbreite als die klassischen IT-Dienste. Um jederzeit eine stabile Voice-und Videoübertragung sicherzustellen, sollten beim Uplink 100 Gigabyte pro Sekunde möglich sein. Landläufig gelten innerhalb eines Rechenzentrums bei der Vernetzung von Server- und Storage-Systemen schon 10 Gigabyte als Standard, doch ist dies eigentlich zu wenig. Hier empfiehlt sich eine mehrfache Serveranbindung mit zwei 10GB-Leitungen für Backups und ähnliche Prozesse, während der permanente Daten-Traffic über zwei leistungsstarke 25GB-Leitungen fließt. Erst eine derartige Switching-Architektur mit deutlich höherer Datenrate beschleunigt die Übertragung, verringert die Latenzen und ist wesentlich zuverlässiger.
Worauf müssen Unternehmen noch achten, wenn sie ihren UCC-Anbieter samt Rechenzentrum auswählen?
Thomas Weiß: Das Stichwort DDoS habe ich vorhin schon einmal genannt und es ist essenziell, dass verlässliche Abwehrmechanismen vorhanden sind, die den bösartigen Datenverkehr im Netzwerk herausfiltern. Ich kann daher jedem nur empfehlen: Informieren Sie sich genau über die Service Level Agreements im Datacenter Ihres UCC-Anbieters. Für Telefonie sollten diese nicht nur den TCP-, sondern auch den UDP-Verkehr umfassen, da UDP für die Sprachqualität bei Voiceover-IP verantwortlich ist. Schauen Sie sich auch die SLA-Werte aus der Vergangenheit an. Achten Sie darauf, ob diese kontinuierlich besser geworden sind und ob das versprochene Level an Verfügbarkeit erreicht oder gar übertroffen wurde. Hundertprozentige Verfügbarkeit gibt es übrigens nicht. Sollte ein Betreiber diesen Wert angeben, spricht das nicht gerade für Transparenz. Dabei braucht es genau diese im Störungsfall: User benötigen eine zentrale Anlaufstelle wie ein Störungsportal, das auch dem Dienstanbieter dabei hilft, Probleme schnell zu beheben.
Das heißt: die Auswahl des richtigen Datacenter-Anbieters macht den Unterschied?
Thomas Weiß: Auf jeden Fall! Da die für den UUC-Bereich wichtigen Parameter messbar sind, gibt es aussagekräftige externe Vergleichstests und Monitorings entsprechender Fachexperten. Solche unabhängigen Leistungsvergleiche sollten Unternehmen bei der Wahl ihres zukünftigen UCC-Anbieters unbedingt berücksichtigen.
Herr Weiß, wir danken Ihnen für das Gespräch.