
Seit Montag dieser Woche bietet salesforce.com mit Force.com Sites allen Kunden die Möglichkeit, ihre eigenen Websites und auch Webapplikationen auf Basis der Infrastruktur von salesforce.com zu erstellen. Für Enterprise-Kunden von Force.com Sites ist die erste halbe Million Seitenaufrufe (Page Views) kostenlos, für Nutzer der Unlimited Edition sogar die erste Million. Andere Kunden zahlen pro einer Million Seitenaufrufe 1000 USD monatlich (dieser Preis gilt auch für Enterprise und Unlimited Edition Kunden, wenn die Anzahl der kostenlosen Aufrufe überstiegen wird). Wie die Preise für europäische Kunden gestaltet werden, ist noch nicht bekannt.
Das Interessante an einem Site-Hosting auf Force.com Sites ist die Möglichkeit, die entsprechende Site (oder eine Microsite, die mit der Haupt-Website integriert ist) so zu erstellen, dass Kundenprozesse, die zwischen dem Internet und allen anderen Kundenkontaktpunkten ablaufen, die über salesforce.com gemanagt werden, nahtlos miteinander integriert werden können – egal ob es dabei um Vertrieb, Services oder Marketing geht.

Dahinter steht aber auch noch die Kundenstrategie von salesforce.com, die da lautet: den Kunden erst einmal damit vertraut und dann richtiggehend abhängig zu machen, wobei die Customer Success Manager von salesforce.com ein wenig nachhelfen. Mit einer steigenden Anzahl von Geschäftsabläufen, die auf den salesforce.com Servern laufen, steigt auch diese Abhängigkeit. Schließlich kann man diesen neuen Service auch noch als Verbesserung der von salesforce.com schon seit langem angebotenen Möglichkeit betrachten, Transaktionen direkt über das API anstatt das User Interface durchzuführen. Das API erhält ein Web-Frontend, welches auf den Servern von salesforce.com gehostet wird.
Doch was treibt salesforce.com, sich vom lukrativen Software-as-a-Service Geschäft ab- und dem viel weniger profitablen Webhosting-Geschäft zuzuwenden, das schon fast so etwas wie eine Massenware ist? Die geplanten 1000 USD pro einer Million Seitenaufrufe (falls das Monatslimit überhaupt aufgebraucht wird) sind, verglichen mit den Preisen für „normale“ Webhosting Services, nicht besonders günstig; salesforce.com verlangt also einen höheren Preis für einen umfassenderen Service. Kostenmäßig hat salesforce.com laut eigenen Aussagen seine Infrastrukturbasis so gut optimiert, dass Services auch auf diesem niedrigen Preisniveau noch mit Gewinn verkauft werden können.
Salesforce.com wird durch Force.com Sites nicht zu einem großen, umsatzstarken Internet Service Provider (ISP) werden. Wir gehen vielmehr davon aus, dass die Kunden von salesforce.com das Angebot für transaktionsgetriebene Microsites nutzen werden, auf denen die Anwender sich registrieren und mit dem Anbieter Kontakt aufnehmen können. Dass diese Anmeldungen, die oft sowieso als potenzielle Kundenkontakte behandelt werden, direkt in das salesforce.com System einfließen, stellt weniger ein neues ISP-Geschäftsfeld als vielmehr eine CRM-Erweiterung dar.
Und wie sieht die langfristige Perspektive aus? Salesforce.com versteht sich sehr gut darauf, Produktinitiativen zu starten und sie dann nach und nach entsprechend anzupassen. Das ist zwar nicht ganz so extrem wie die ewigen Betaversionen vieler Google Services, aber ein Nebeneffekt des SaaSGeschäftsmodells besteht darin, dass schnelle Innovationen möglich sind. Und genau das wird wohl mit Force.com Sites passieren.
Rüdiger Spies und David Bradshaw sind Analysten bei IDC.