Eine Technologie mit Zukunft

Mobile Quantencomputer: Chancen und Herausforderungen

Quantencomputing

Mit verschiedenen technologischen Ansätzen arbeiten Unternehmen daran, Quantencomputer mobil nutzbar zu machen. Die denkbaren Anwendungsfälle für verschiedene Branchen sind zahlreich – doch es gilt, noch einige Hürden zu überwinden.

Der praktische Einsatz von Quantentechnologie nimmt zu, allerdings vorwiegend in Rechenzentren für Hochleistungs-Computing (HPC). Doch so beeindruckend die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern in diesem Umfeld auch ist – mobile Szenarien eignen sich wesentlich besser, um eine Praktikabilität für konkrete Business-Anwendungen auszuloten.

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Enormes Potenzial für verschiedene Branchen

Mobile Quantensysteme, etwa in Form von Edge-Devices oder im Kontext von Distributed Computing, hätten den großen Vorteil, dass sie Probleme, die sich als komplexe Wahrscheinlichkeitsverteilungen darstellen lassen, „direkt vor Ort“ lösen können, statt vorher aufwendig mit einem HPC-Rechenzentrum kommunizieren zu müssen. Sie eignen sich ideal für rechenintensive Aufgaben wie die Analyse großer Datenmengen in kurzer Zeit oder eine Mustererkennung in unstrukturierten Daten.

In Fabriken könnten sie beispielsweise für verbesserte Produktionsverfahren und einen effizienteren Materialeinsatz sorgen und im Bereich Kommunikation das Routing von Datenpaketen in Mobilfunk- und Festnetzen in Echtzeit optimieren. Auch bei Wartung und Monitoring komplexer Systeme wie Flugzeugturbinen wäre eine lokale, Quanten-basierte Live-Analyse ein enormer Fortschritt.

Ebenfalls interessant ist der Einsatz im Bereich Cybersecurity, denn sowohl Verschlüsselungstechniken als auch Maßnahmen wie umfassende Traffic-Analysen lassen sich als komplexe Verteilungen von Wahrscheinlichkeiten betrachten.

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Entscheidende Faktoren: Größe und Effizienz

Dass diese Chancen mobiler Quantencomputer bisher noch nicht realisiert wurden, liegt an mehreren technischen Herausforderungen, angefangen bei Größe und Gewicht. Während der Formfaktor bei der Nutzung in großflächigen Rechenzentren weniger relevant ist, spielt er bei einem mobilen Einsatz eine entscheidende Rolle. Das gilt vor allem für die benötigte Infrastruktur rund um die Quantenrechner, denn die als Prozessoren fungierenden Qubits sind sehr empfindlich gegenüber äußeren Umwelteinflüssen wie Temperatur oder mechanischer Vibration. Deswegen funktionieren viele aktuell genutzten Quantencomputer-Technologien nur unter sehr anspruchsvollen, energie- und raumintensiven Betriebsbedingungen wie Kryokühlung nahe dem absoluten Nullpunkt oder mit sehr teuren und großen Präzisionslasern. Die externen Störfaktoren wiegen im mobilen Einsatz umso schwerer, als es gleichzeitig gilt, den benötigten „Unterbau“ für ein praktikables System so kompakt wie möglich zu halten. Auch deshalb stellt sich bei Quantencomputern im Vergleich zu klassischen Systemen noch stärker die Frage der Energieeffizienz. Die Kennzahl „Rechenleistung pro Watt” wird hier entscheidend sein, denn ein mobiler Quantenrechner, der zwar klein ist, dessen Energieversorgung aber in einem Schiffscontainer untergebracht werden müsste, würde sich nicht für den mobilen Einsatz eignen.

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Miniaturisierung mit Diamant-Qubits

Der mobile Einsatz von Quantensystemen funktioniert also in erster Linie über eine erhebliche Miniaturisierung der eingesetzten Hardware. Einer der vielversprechendsten Ansätze für eine solche Verkleinerung sind diamantbasierte Quantenrechner, die Stickstoff-Fehlstellen-Zentren (NV-Zentren) als Qubits nutzen. Diese entstehen durch die gezielte Platzierung einzelner Stickstoffatome in den atomaren Kohlenstoffgittern. Deren stabile Struktur hat zwei entscheidende Vorteile. Zum einen sind die Qubits auch bei Raumtemperatur einsatzfähig, eine aufwendige Kühlungsinfrastruktur entfällt also. Und zum anderen profitieren auch die Steuerungssysteme eines mobilen Quantencomputers von dieser Robustheit, denn auch sie müssen unempfindlich gegenüber Umgebungseinflüssen sein und sollten keine extremen Anforderungen an die Präzision von Mikrowellen, Radiofrequenzen oder Photonenquellen stellen.

Ein weiterer Pluspunkt ist das Herstellungsverfahren von NV-Zentren. Da Qubits hier idealerweise nicht zufällig, sondern deterministisch entstehen, eignet es sich für einen industriell skalierbaren Produktionsprozess. Die daraus entstehende Möglichkeit einer Massenproduktion macht die Technologie dann um ein Vielfaches erschwinglicher.

Und zuletzt ermöglichen diamantbasierte Quantenrechner eine einfache Interaktion zwischen Qubits und klassischen Rechnern, sie sind also prädestiniert für hybride, praxisnahe und mobil einsetzbare Systeme, die beide Technologien verbinden.

Fazit: Eine Technologie mit Zukunft

Mobile Quantencomputer stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung, versprechen aber enormes Potenzial für die Zukunft der verteilten Datenverarbeitung. Die technologischen Herausforderungen sind erheblich, doch Investitionen in erfolgversprechende Technologien wie diamantbasierte Quantensysteme werden zu entscheidenden Fortschritten führen, insbesondere im Hinblick auf Energieeffizienz, Miniaturisierung und Umgebungstoleranz. Wenn es gelingt, diese Herausforderungen zu meistern, könnten transportable Quantencomputer ihr volles Leistungspotenzial abrufen und eine ähnlich transformative Wirkung entfalten wie einst der Übergang von Großrechnern zu Personal Computern oder vom Internet zum mobilen Internet. Sicher ist: Die Zukunft des praxisorientierten Quantencomputings liegt nicht in Rechenzentren, sondern im mobilen Einsatz.

Mark Mattingley-Scott Quantum Brilliance

Mark

Mattingley-Scott

Europachef

Quantum Brilliance

(Bildquelle: Robin Schimko)
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