EU gibt ZUGFeRD die Sporen

E-InvoicingAuf die „EU-Bürokraten“ wird gern geschimpft, dabei ist bei weitem nicht alles Unsinn oder Bevormundung, was aus Brüssel kommt. Gerade in diesen Tagen zeigt sich wieder: Eine auf europäischer Ebene getroffene Entscheidung kann das (Wirtschafts-) Leben ganz konkret verbessern. 

Gemeint ist die Kommunikation zwischen Versender und Empfänger von Rechnungen. Durch die EU-Richtlinie 2014/55/EU wird diese künftig deutlich verbessert und vereinfacht.

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Nach der neuen Richtlinie dürfen öffentliche Behörden in Deutschland ab Ende 2018 nur noch elektronische Rechnungen in einem strukturierten Format verarbeiten. Wer sich also an einer öffentlichen Ausschreibung beteiligt, muss den Nachweis erbringen, dass er Rechnungen im ZUGFeRD-Format erstellen kann. ZUGFeRD bezeichnet ein von Bundesregierung und der Wirtschaft entwickeltes Standardformat für elektronische Rechnungen und steht für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“. Damit dürfte sich das ZUGFeRD-Format nun endlich in der Praxis durchsetzen.

Noch bis Anfang dieser Dekade musste, wer eine elektronische Rechnung verschicken wollte, zunächst ein Trust Center beauftragen, das als zentrale Schaltstelle („man-in-the-middle“) fungierte. Mit diesem Konstrukt verkomplizierte die Bundesregierung das Thema enorm und stellte unnötige Hürden technischer wie finanzieller Art auf. Für die meisten Unternehmen war es folglich uninteressant, sich überhaupt näher damit zu beschäftigen. Das Steuerverein-fachungsgesetz 2011 war dann ein gewaltiger Schritt nach vorn. Gemäß damaliger GDPdU und späterer GoBS war sicherzustellen, dass eine Rechnung eine Rechnung ist und alle Pflichtangaben gemäß UStG § 14 Abs. 4 enthält. Ist die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gewährt, kann sie im elektronischen Format – bevorzugt PDF – verschickt werden.

Weil dies einfacher und kostengünstiger ist als Papierrechnungen zu verschicken, handhaben es so seitdem viele Kreditoren. Beim Empfänger jedoch verursacht ein PDF nicht weniger Aufwand und die gleichen Kosten wie jeder Papierbeleg (mit der Ausnahme, dass der Beleg nicht mehr physisch angefasst wird). OCR und Extraktionsprozess, Analyse des extrahierten Volltextes mittels eines gigantischen Regelwerks sowie Prüfung gegen Kreditorenstamm-, Bestell- und Wareneingangsdaten – alles wie bisher.

Vor diesem Hintergrund etablierte das „Forum elektronische Rechnung Deutschland“ (FeRD) 2014 den ersten Standard eines PDFs, das durch Strukturinformationen angereichert ist: ZUGFeRD 1.0. Weitere Versionen sollten folgen. Als Non-Profit-Organisation fehlte es bei FeRD allerdings am Marktdruck, eine Lösung zu entwickeln, die sich aus rein monetären Gründen in der Praxis durchsetzen konnte. So sind auch FeRD-Irrungen wie eine Unterteilung in Basic (Kopfdaten) und Comfort (zzgl. Positionsdaten) zu verstehen, deren Sinn sich bislang wohl nur wenigen erschlossen hat. 

ZUGFeRD kam nicht allein aus denm Hufen

Nachdem ZUGFeRD mit großem Getöse veröffentlicht worden und zum Einsatz bereit war, passierte in der Folge daher nicht viel. Denn der Versender entscheidet, wie er seine Rechnungen stellt. Bringt ihm ZUGFeRD nichts, kann er es auch bleiben lassen. Im Gegenteil,es verursacht für ihn sogar erheblichen administrativen Aufwand, seine Kunden anzuschreiben und ihnen zu verdeutlichen, welche Vorteile der Empfang und die Weiterverarbeitung strukturierter Rechnungen für sie hätten – was ohnehin nur bei denen der Fall wäre, die schon die technische Infrastruktur dafür besitzen. 

Auch technisch und finanziell sind die Hürden hoch. SAP-Anwender finden in ihrer Preisliste entsprechende Lizenzgebühren zur Erstellung von ZUGFeRD-Rechnungen aus SAP heraus, hinzu kommen Implementierungskosten. Es ergibt sich ein Betrag, den man nicht mal eben so wirklich gern zahlt, nur um ZUGFeRD-Rechnungen zu erstellen, über die sich dann vielleicht irgendwann Lieferantenbeziehungen verbessern (Argument 1) oder – ebenfalls zunächst die Annahme – Zahlläufe beschleunigen lassen (Argument 2).

Diese Situation ändert sich derzeit und zwar von mehreren Seiten aus: Zum einen verpflichtet die GoBD seit 1. Januar 2017 dazu, Geschäftsbriefe per E-Mail vorgangsseitig revisionssicher zu archivieren. Die Unternehmen müssen also ohnehin IT-technisch aufrüsten und nehmen sich dabei gleich des ZUGFeRD-Themas an. 

Rechnungsempfänger machen Druck 

Von anderer Seite machen die Rechnungsempfänger Druck und fordern ihre Lieferanten auf, Rechnungen so zu schicken, dass sie sich kostengünstig verarbeiten lassen. Anbieter von Rechnungsverarbeitungsworkflows müssen dafür ihre Lizenzmodelle anpassen. Wurde in einem Invoice-Projekt bisher nach der Zahl der zu verarbeitenden Rechnungen gefragt, muss man heute zwischen strukturierten und unstrukturierten Rechnungen unterscheiden. Bei ersteren entfallen zwar die Lizenzgebühren für OCR- und Datenextraktion, dafür kommt allerdings eine neue Software zum Tragen, die strukturierte Rechnungen maschinell im ZUGFeRD-Format verarbeiten kann. 

Für Unternehmen könnte genau dies der Anlass sein, auf Lieferanten einzuwirken, Rechnungen künftig nur noch im ZUGFeRD-Format zu versenden. Denn damit wird sichergestellt, dass die Eingangsrechnungsverarbeitung maschinell erfolgen kann – und zwar im Gegensatz zur Beleglesung ohne eine nachfolgende, notwendige Validierung der extrahierten Daten. Denn Verwechslungen z.B. zwischen einer „0“ oder einer „8“ können bei strukturierten Daten nicht mehr vorkommen. Eine absolut akkurate Datenverarbeitung ist hier sichergestellt. In Folge bedeutet dies natürlich auch eine noch schnellere automatisierte Rechnungsprüfung, -freigabe und damit die Möglichkeit eines früheren Zahlungslaufs.

Das noch gewichtigere Argument kommt schließlich mit der EU-Richtlinie 2014/55/EU. Wer also jetzt seinen Rechnungsversand ZUGFeRD-ready macht, erfüllt frühzeitig die gesetzlichen Auflagen. Weitere Industrie-Bereiche dürften darin den öffentlichen Zulieferern bald folgen. So ist davon auszugehen, dass Rechnungen im ZUGFeRD-Format nun endlich ihren Durchbruch erleben. Danke, EU!

David Spaeth

 

Autor: David Spaeth, Produkt Marketing Manager,  WMD Group GmbH 

 

 

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