Digitale Transformation: Zukunftsfähig durch Adaptive IT

Digitale TransformationDie Rolle der IT ändert sich. Die Digitalisierung von Geschäftsmodellen ist ein ebenso relevanter Faktor wie neue Technologien und veränderte Arbeitsweisen. Die IT bekommt eine immer stärkere geschäftsstrategische Bedeutung.

Für die IT stehen nicht mehr allein Effizienzgewinne im Vordergrund. In einer digitalisierten Welt wird es vielmehr entscheidend sein, dass Unternehmen ihre IT als zentrales Gestaltungselement des Business verstehen, das neue Geschäftsideen und zusätzliche Märkte eröffnet. Hieraus ergeben sich für die IT einige grundlegende Herausforderungen – und Wettbewerbschancen. Während früher die Kernleistungen einer IT mit einem klaren Fokus auf Kosten und Stabilität beschreibbar waren, gibt es heute noch ganz andere Anforderungen: an Adaptionsfähigkeit, an Innovation und an Geschwindigkeit der IT im Sinne einer kurzen Time-to-Market. Das Konzept der Adaptive IT begreift Wandlungsfähigkeit als wesentliches Element digitaler Strategien und will zugleich die spezifischen Anforderungen verschiedener Aspekte des Business passgenau abbilden. Adaptive IT kann sich als Schlüssel zur IT im Zeitalter digitaler Geschäftsmodelle erweisen.

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Adaptive IT und multimodale IT-Organisation

In der aktuellen Diskussion haben Analysten und Strategieberatungen Schlagworte wie „bimodale IT“ oder auch „IT der zwei Geschwindigkeiten“ geprägt. Dabei entsteht neben einer eher traditionellen IT-Strategie, die die sichere operative Basis des Unternehmens ist, ein IT-Ansatz, der betont agil und reaktionsschnell sein will. Diese Diskussion belegt zumindest, das viele IT-Manager die Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung auf ihrer Agenda haben. Gleichwohl zeigt sich, dass die Umsetzung nicht trivial ist. Vor allem gilt es, der steigenden Komplexität in der Steuerung multimodaler IT-Organisationen zu begegnen. Eine Adaptive-IT-Strategie will genau dies leisten. Der Ansatz beruht auf drei Eckpunkten. Adaptive IT ist:

  • Spezifisch – Die Zeiten des One-Size-Fits-All-Ansatzes in der IT sind vorbei. Auf Basis eines differenzierenden Ansatzes gilt es, leistungsfähige und zugleich effiziente Modelle für IT zu entwerfen.
  • Ganzheitlich – Die Beherrschung von IT als Wettbewerbsfaktor ist komplex. Dies verlangt ganzheitliche Strategien, die Organisation und Technologie gleichermaßen berücksichtigen.
  • Pragmatisch – IT als Wettbewerbsfaktor im Allgemeinen muss vor allem eines: funktionieren. Bei der Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle ebenso wie bei der Sicherung geschäftskritischer IT-Systeme.

Ausgehend von diesen Prinzipien verfolgt der Adaptive-IT-Ansatz ein klares Ziel: Er will Unternehmen in die Lage versetzen, ihre IT strategieorientiert sowie organisatorisch und technologisch differenziert auszurichten – um dadurch einen Wettbewerbsvorsprung zu realisieren.

Grenzen monolithischer IT-Organisationen überwinden

In vielen Unternehmen wird der Ruf nach einer adaptiven IT bereits lauter – eine, die sich veränderten Erwartungen differenziert anpassen kann. Diese Anforderungen kommen inzwischen von allen Seiten. Die Unternehmensführung fordert einen stärkeren Beitrag bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. Die IT-Operation fordert Harmonisierung und Standardisierung von IT-Architekturen, um die steigende Fülle an Diensten und Services betreib- und steuerbar zu halten. Zugleich fordern die verschiedenen Fachseiten mehr Autonomie in der Entscheidung für Systeme und Anwendungen. Und das Management betrachtet nicht zuletzt die Kosteneffizienz: Was muss die IT selbstständig leisten, und was lässt sich wirtschaftlicher von externen Dienstleistern beschaffen? Ein weiterer wesentlicher Faktor ist das zunehmend dynamischere Wettbewerbsumfeld, das eine immer kürzere Time-to-Market verlangt – und so den Wandel hin zu hochautomatisierten Umgebungen und agilen Entwicklungsprozessen befördert.

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Adaptive IT strategisch ausgestalten

Wie positioniert sich in diesem Zusammenhang also die IT-Organisation? Nimmt sie zuerst die Rolle als Enabler neuer Businessmodelle ein, oder fokussiert sie sich auf den kosteneffizienten Betrieb? Wo sind Grenzen der Wertschöpfungstiefe sinnvoll, und wo soll der Leistungsschnitt zwischen IT und Fachseite erfolgen? Welchen Grad an Flexibilität braucht eine IT, und wie viel Stabilität muss sie sicherstellen? Die geeignete Antworten auf diese Herausforderungen zu finden, ist keine triviale Aufgabe. Um eine wirklich zukunftsweisende IT zu schaffen, ist eine adaptive Betrachtung der organisatorischen und technologischen Stellschrauben nötig. Nur so kann der Spagat aus kosteneffizienter Stabilität einerseits und der Innovationsfähigkeit im Rahmen neuer, digitaler Geschäftsmodelle andererseits gelingen.

Die drei strategischen Grundformen moderner IT

Um die heterogenen Anforderungen an die IT erfassen zu können, unterscheidet Adaptive IT drei strategische Grundformen: die marktdifferenzierende IT, die geschäftskritische IT und die fachseitige IT. Abhängig von ihrer Kritikalität und dem geforderten Wertbeitrag adressieren diese Grundformen differenzierte organisatorische, architektonische und technologische Erfolgsfaktoren für die IT.

Adaptive Strategien zur Optimierung der IT-Organisation

a. Marktdifferenzierende IT – Strategic IT

Eine marktdifferenzierende IT, auch als Strategic IT bezeichnet, versteht sich im Kontext der Digitalisierung neuer und bestehender Geschäftsmodelle als entscheidender Wettbewerbsfaktor für das Unternehmen. Basierend auf der Geschäftsstrategie leistet die IT einen wesentlichen Wertbeitrag und verschafft der Unternehmung signifikante Vorteile bei Marktanteilen und Wettbewerbsdifferenzierung. Für die markdifferenzierende IT ist es essentiell, den gesamten Lebenszyklus von der Geschäftsidee bis zum Geschäftsmodell zu berücksichtigen, denn ein entsprechendes (IT-)Produkt benötigt reifegradübliche Anpassungen, die die Veränderungen in den organisatorischen und technologischen Rahmenbedingungen widerspiegeln.

Ziele der marktdifferenzierenden IT

Ausgehend von den Geschäftszielen der Unternehmung kann die markdifferenzierende IT auf drei verschiedene Zwecke abzielen:

  • Wachstum – Umsatzsteigerung, Marktanteile oder Verdrängung,
  • Wertschöpfung – z.B. Aktienwert, Markenwert,
  • Marktmacht – einen neuen Markt schaffen bzw. bestehende Märkte erobern, den Wissensvorsprung sichern.

Daraus resultieren schwerpunktmäßig drei konkrete Ziele für die marktdifferenzierende IT:

  • Innovation – technologisch oder in der Nutzungsform, mitunter auch auf den Verfügbarkeitsraum bezogen,
  • Agilität – hier in Form der schnellstmöglichen funktionalen Reaktion auf den Markt,
  • Schnelligkeit – hier in Gestalt einer kurzen Time-to-Market, die schnellstmögliche Produktion von Funktionen oder Lösungen für den Markt.

Eine Organisationseinheit, die dem Adaptive-IT-Modell entsprechend marktdifferenzierend arbeitet, ist vom Ballast der allgemein verfügbaren IT-Services und den Restriktionen des Stabilitätsversprechens des IT-Betriebs befreit. Diese Prinzipien werden entweder durch andere Organisationseinheiten oder durch externe Dienstleister aufrechterhalten. Die marktdifferenzierende IT richtet Organisationsform, Prozesse, Technologien und ihre Architektur dagegen stringent an den vom Geschäft erforderten Wirkungen aus. Damit erzeugt sie auch klare Anforderungen an die Schnittstellen in benachbarte Bereiche und in die Dienstleisterkette. So werden interne Zielkonflikte vermieden, und die marktdifferenzierende IT kann sich darauf konzentrieren, ihre Kräfte für die benötigten Spitzenleistungen freizusetzen.

b. Geschäftskritische IT – Business IT

Eine geschäftskritische IT, auch als Business IT bezeichnet, nimmt betriebliche Risiken in den Fokus und versteht sich als Wächter kritischer Geschäftsprozesse. Sie ist Lieferant zentraler Arbeitsmittel – ohne deren qualitative und zugleich performante Verfügbarkeit die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs wesentlich gefährdet wäre.

Ziele der geschäftskritischen IT

Anders als ihr Name es vielleicht vermuten ließe, zahlt die geschäftskritische IT gar nicht direkt auf die Geschäftsziele ein. Ihre Treiber lassen sich vielmehr aus der Positionierung der geschäftskritischen IT in den Produktions- sowie in unverzichtbaren Support-Prozessen ableiten. Der Schwerpunkt der geschäftskritischen IT liegt darauf, Geschäfts- und insbesondere Produktionsprozesse abzusichern, indem sie deren kontinuierliche Verfügbarkeit mit definierter und gleichbleibender Qualität sicherstellt.

Abgeleitet von den Risikobewertungen der Unternehmung ergeben sich für eine geschäftskritische IT klare Forderungen an:

  • Stabilität – als wichtigster Faktor, eng gefolgt von
  • Wirtschaftlichkeit – die insbesondere Support-Prozesse betrifft, wenngleich Produktionsprozesse immer dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterliegen,
  • Risikovermeidung – eine etwas undankbare Aufgabe, da sie entweder Kosten ohne einen Geschäftsbeitrag verursacht oder ihr alternativ, im Falle des Schadenseintritts, die Schuld für erhebliche Verluste zugewiesen wird.

Übersetzt man diese Forderungen in die konkreten Ziele der geschäftskritischen IT, ergeben sich vier Punkte:

  • Betriebssicherheit – in Gestalt einer Absicherung gegenüber Veränderungen durch Transparenz, Kontrolle und Tests,
  • Automatisierungsgrad – je höher der Automatisierungsgrad und je weniger manuelle Tätigkeiten es gibt, desto geringer ist auch das Risiko nicht-systemischer Fehler; der Mensch übernimmt dabei die Rolle der Analyse und Kontrolle, der Maschine obliegt die Durchführung,
  • Regulation & Standardisierung in Form von
    – Innovationsvermeidung – die IT muss nicht Best-in-Breed, sondern Best-Practice sein; sie soll die als kritisch eingestuften IT-Services sicher abdecken,
    – Aktualität und Verbreitung – hier sind keine Prototypen und kein End-of-Live-Erfahrungswissen gefragt, vielmehr ist die Marktverfügbarkeit ausschlaggebend,
  • Personalkostensenkung – wenn Tätigkeiten in automatisierte Prozesse überführt werden können, senkt dies den Headcount-Bedarf.

c. Fachseitige IT – Lean IT

Die Idee der fachseitigen IT, die sich im Aspekt der Kundenorientierung mit dem Lean IT-Ansatz berührt, will der Fachseite die Möglichkeit eröffnen, ihre spezifischen Anforderungen autonom abzudecken. Sie greift dafür auf am Markt verfügbare Dienstleistungen, Produkte oder Lösungen zurück, deren Umsetzung durch die eigene IT-Organisation wirtschaftlich ineffizient wäre. Die fachseitige IT erbringt keine Leistungen, die aus Sicht der Unternehmung geschäftskritisch wären und deren Nichtverfügbarkeit die Fortführung des Kerngeschäfts gefährden würde.

Ziele der fachseitigen IT

Die Kernidee der fachseitigen IT ist es, die Entscheidung von Make-or-Buy in die moderne Servicewelt zu überführen und die Rolle der Unternehmens-IT dabei den neuen Bedingungen anzupassen. Denn in vielen Fällen bietet der Markt fachlich bereits optimal abgestimmte IT-Produkte an, inklusive Betrieb und Nutzerservice. Die eigene Unternehmens-IT könnte ein vergleichbares Service-Niveau oft nur mit erheblichem Aufwand zur Verfügung stellen. Dies führt schon heute regelmäßig dazu, dass Fachbereiche sich eigenständig am IT-Markt versorgen, was eine sogenannte Schatten-IT entstehen lässt. Dabei nimmt der Fachbereich allerdings Risiken in Kauf, die für ihn selbst gar nicht einschätzbar sind, etwa hinsichtlich der Daten- und Betriebssicherheit. Die Rolle, die die Unternehmens-IT dabei sinnvoll übernehmen kann, wandelt sich von der eines Erzeugers und Betreibers zu der eines Beraters, Begleiters und auch Kontrolleurs der fachseitigen IT.

Aus den Geschäftszielen der Unternehmung ergeben sich für eine fachseitige IT im Wesentlichen zwei Treiber:

  • Effizienz – etwa in Form von Produktivitätssteigerung, aber auch durch mehr Wissen und Transparenz,
  • Wirtschaftlichkeit – die insbesondere in Supportprozessen erzielt wird, wenngleich auch Produktionsprozesse immer dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterliegen.

Daraus resultieren schwerpunktmäßig die folgenden drei IT-Ziele für die fachseitige IT:

  • Aktualität – die IT-Services sollen den aktuellen Fachbedürfnissen schnell gerecht werden,
  • Regulation & Standardisierung durch
    – marktübliche Form – hier geht es nicht um Best-in-Breed, sondern um Best-Practice; als kritisch eingestufte IT-Services sollen sicher abgedeckt werden,
    – technische Absicherung – in Form von Policies für die Verwendung; zudem ist es sinnvoll, die eingekauften Services einem Test hinsichtlich ihrer Integrationsfähigkeit in die bestehende Unternehmens-IT zu unterziehen,
  • IT-Service-Kostensenkung – wenn besonders effiziente Anbieter ausgewählt werden und Zahlungen nur für tatsächlich genutzte Services geleistet werden müssen, kann dies den Overhead erheblich reduzieren.

Die Chancen der Digitalisierung nutzen

Die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an die Unternehmens-IT. Heute hat sie ebenso eine zentrale Rolle als Enabler innovativer Businessmodelle zu erfüllen, wie sie auch ihrer klassischen Funktion gerecht werden muss, die in einer sicheren, stabilen und kostengünstigen Bereitstellung essentieller Applikationen und Services besteht. Der Ansatz der Adaptive IT ist angetreten, diese Zielkonflikte durch eine konsequente Trennung in drei strategische Bereiche aufzulösen: in eine marktdifferenzierende, eine geschäftskritische und eine fachseitige IT. Adaptive IT rückt schon ihrem Namen nach die Wandlungsfähigkeit und eine stets passgenaue Ausrichtung der IT ins Zentrum der strategischen Überlegungen. Für Unternehmen, die auf die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung die geeignete Antwort geben wollen, führt an Adaptive IT kaum ein Weg vorbei.

Markus Kroker, Team Manager Financial Management, Cassini Consulting GmbH, und Sven Wiedenhöfer, Partner und Geschäftsführer, Cassini Consulting GmbH

www.cassini.de
 

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