Interview

Die Zukunft gehört vernetzten Spezialisten

Wir befinden uns mitten in der digitalen Revolution. Immer mehr Führungskräften erkennen, dass Digitalisierung kein reines IT-Thema ist. Wie wird sich die Wirtschaft hierzulande verändern? Wo genau die Chancen des Mittelstands liegen und wie sie genutzt werden können. Ein Interview mit Rico Barth, Leiter der Arbeitsgruppe Industrie 4.0 der Open Source Business Alliance und Geschäftsführer von c.a.p.e. IT.  

Herr Barth, Sie sind Unternehmer und Informatiker und haben daher den digitalen Wandel aus verschiedenen Perspektiven beobachtet. Wo liegen die Chancen der Digitalisierung?

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Rico Barth: Digitaler Wandel ist aktuell das omnipräsente Stichwort in Deutschlands Führungsetagen. Er wird gleichsam als Bedrohung und als Chance begriffen. Da wir uns aber faktisch mitten in der digitalen Revolution befinden, ist klar, dass noch viel Verwirrung herrscht, dass viele Manager nicht wissen, worauf sie sich einlassen, und Neuerungen erfordern immer eine gewisse Risikobereitschaft. Wenn Unternehmen die Zeichen der Zeit richtig umsetzen und für sich nutzen, können sie daran stark wachsen. Doch dafür braucht es Führungskräfte, die die Digitalisierung nicht als reines IT-Thema betrachten. Es geht eben nicht darum, eine App in Auftrag geben und ansonsten weiterzumachen wie bisher. Digitalisierung bedeutet letztlich immer, sein Unternehmen mutig umzugestalten.

Sie arbeiten seit über zehn Jahren mit Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen. Wie entwickelt sich Ihrer Meinung nach die deutsche Wirtschaft in Zeiten des digitalen Wandels?

Rico Barth: Ich habe folgende Beobachtung gemacht. Große Unternehmen wie Siemens oder Thyssen-Krupp konzentrieren sich in letzter Zeit wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen. Diese ‚Wir-machen-alles-Mentalität‘, die für viele Jahre den Markt beherrscht hat, ist meiner Meinung nach Schnee von gestern. Dadurch, dass sich Konzerne von ganzen Sparten trennen, entsteht Raum für kleine und mittlere Unternehmen, die hochspezialisiert sind. Das bedeutet, dass ganze Sparten nicht mehr von einem Riesen dominiert werden, sondern von mehreren, miteinander vernetzten Unternehmen. Wir steuern also wieder auf ein Zeitalter der Spezialisten zu.

In der Vergangenheit hatte man aber doch eher den Eindruck, dass wirtschaftliches Denken vom Motto „Je größer desto besser“ geleitet wurde…

Rico Barth: Unternehmen, die zu groß sind, lassen sich nicht mehr so leicht manövrieren und büßen an Flexibilität ein. Ein Grund für das Umdenken ist die Erkenntnis der letzten Jahre, dass Startups Branchenführer häufig links und rechts überholt haben. Diese Agilität kann von einem Konzern mit einer großen Anzahl von Sparten einfach nicht erreicht werden. Das spielt natürlich kleineren und mittelständischen Unternehmen in die Hände. Wenn sie denn diese Chance nutzen und sich mit anderen Unternehmen verknüpfen. Disruptiv zu denken, das ist der richtige Ansatz.

Das hört sich noch sehr abstrakt an. Können Sie uns ein Beispiel dafür geben?

Rico Barth: Nehmen wir ein Beispiel aus der Automobilindustrie, die noch immer die tonangebende Industrie in Deutschland ist. Lkws sind heutzutage mit Sensorik ausgestattet, die verschiedene Dinge messen und aufzeichnen. Der moderne Lkw weiß, wo er sich befindet, wie der Druck auf den Reifen ist, ob die Bremsen funktionieren, wo eine Lampe ausgefallen ist. Wir haben es also mit einem intelligenten Fahrzeug zu tun.

So wie K.I.T.T in Knight Rider?

Rico Barth: In die Richtung geht es. Anders als K.I.T.T. hat der Lkw keine Stimme, aber er kann trotzdem kommunizieren. Und da kommen Unternehmen ins Spiel,die zum Beispiel mit der Spedition oder dem Wagen selbst digital vernetzt sind. Sobald dem Lkw auffällt, dass ihm etwas fehlt, kommuniziert er dies. Wenn sich jetzt ein Zulieferer für Ersatzteile auf der gleichen Serviceplattform befindet, kann dieser umgehend reagieren. Durch die digitalen Möglichkeiten kann ein solcher Vorgang enorm beschleunigt werden, längere Standzeiten werden vermieden, alles läuft effektiver und reibungsloser.

Schöne neue Welt. Aber Sie sind ja kein Hersteller von Lkws. Wo sehen Sie den Platz ihres Unternehmens in der digitalen Zukunft?

Wir sind ein entscheidendes Rädchen im Uhrwerk der Wirtschaft. Wir haben c.a.p.e. IT mit Blick auf mittelständische Firmen gegründet, da sich der Trend der Spezialisierung seit Längerem abzeichnet. In unserem vorherigen Unternehmen haben wir Software für große, teils internationale Institutionen entwickelt, wir waren für Service-und Supportprozesse verantwortlich. Dieses Know-how machen wir jetzt dem Mittelstand zugänglich. Schon seit Längerem etablieren sich sogenannte Ticket-oder Service-Systeme. Ein einfaches Beispiel aus dem Alltag ist die Verfolgung von Paketen. Das geht auch für komplexe Servicevorgänge und darin liegt unserer Meinung nach die Zukunft.  Ohne Vernetzung von Daten wird zukünftig gar nichts mehr gehen. Wir möchten umfassende Softwarelösungen stärker in das Bewusstsein der Manager und in den Mittelstand hineintragen, damit diese ihre Geschäftsmodelle von morgen damit aufbauen können. 

cape-it.de/de

osb-alliance.de

 

 

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