Saubere Datenbasis als Erfolgsfaktor|Datenqualitätsmanagement (DQM)

DatenspiraleBeim Thema Datenqualität driften Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Das kann in den datengetriebenen Unternehmen der digitalisierten Gesellschaft erfolgskritisch werden.

An geeigneten IT-Systemen liegt es nicht, wie ein Blick in die Praxis zeigt. Die agile Branche der Energievesorger zeigt beispielhaft, dass pragmatische Lösungen zu finden sind und die Stolpersteine eher in der Organisation liegen.

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Megatrends wie „Big Data“ oder „Internet der Dinge“ sind kein Hype, sondern unsere tägliche Realität, und viele Unternehmen bauen zu Recht auf die damit verbundenen neuen Geschäftsmodelle. Dass die erhofften Potenziale bzw. Mehrwert aus verarbeiteten Daten ohne ein strukturiertes Datenqualitätsmanagement (DQM) kaum abzuleiten sind, ist keine neue Erkenntnis. Mit wachsenden Datenmengen aus heterogenen Quellen steigt dabei auch die Bedeutung der Disziplinen, die eine saubere Datenbasis für die weitere Bearbeitung bereitstellen.

Die Hindernisse für ein strukturiertes DQM haben sich jedoch auch in datengetriebenen Unternehmen nicht geändert: DQM ist eine Fleißaufgabe „im Backend“, der man den Beitrag zum finanziellen Erfolg eines Unternehmens nicht direkt ansieht. Schlechte Datenqualität fällt erst dann auf, wenn sie die Performance verschiedener Unternehmensbereiche bereits schmerzhaft beeinträchtigt: Stockende Geschäftsprozesse, steigende Kosten und sinkende Kundenzufriedenheit sind spürbare Auswirkungen von fehlerhaften, inkonsistenten oder unvollständigen Daten, die sich als handfeste Wettbewerbsnachteile erweisen können.

Ein internes Hindernis für ein systematisches DQM ist oft die unklare organisatorische Einordnung und Zieldefinition: Wer soll bei knapper Personaldecke für das Thema freigestellt werden? Wo ist es aufzuhängen, in der IT oder in der Fachabteilung? Wie ist der Erfolg zu messen? Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass DQM-Initiativen zunehmend aus den Fachbereichen kommen und mit fachlich versiertem Data Owner auch die höchste Erfolgsquote verbuchen. Die Fachbereiche haben das größte Interesse, Kontrolle über ihre eigenen Daten zu gewinnen, und bringen zudem genau die nötige Kompetenz für die gezielte Qualitätsverbesserung mit.

Ansiedlung in der Fachabteilung

Starke Trends wie die von den Fachanwendern selbst eingeforderte Self-Service-BI zeigen, dass sich die Datenhoheit tatsächlich zunehmend von der IT- in die Fachabteilung verlagert. Klar ist jedoch: Ohne starke Rückendeckung durch die Unternehmensleitung haben DQM-Projekte wenig Erfolgsaussichten. DQM erfordert umfassende Initiativen im ganzen Unternehmen, da sich beispielsweise die nachhaltige Gewährleistung konsistenter und vollständiger Stammdaten in unternehmensweiten Geschäftsprozessen durch alle Abteilungen zieht. Ohne ausreichende Ressourcen sind diese Projekte daher nicht zu stemmen, und das Management muss diese Ressourcen explizit bereitstellen. Wichtig ist auch, dass die Sachbearbeiter, die Daten einpflegen, sensibilisiert sind und wissen, warum vollständige und korrekte Datensätze auch bei immer knapperen Bearbeitungszeiten ein absolutes Muss sind. Das erfordert Information und Schulung. Wer weiß, in welchen Anwendungsszenarien die unterschiedlichen Daten in seiner Eingabemaske benötigt werden, ist eher gewillt, alle abgefragten Felder zu füllen. Außerdem ist eine konstruktive Fehlerkultur im Unternehmen nötig. Fehler bei manuellerDateneingabe sind kaum zu vermeiden, dafür gibt es im systematischen DQM Plausibilitätsprüfungen und Korrekturzyklen. Die Sachbearbeiter müssen die Korrekturinstanzen jedoch akzeptieren.

Die gemeinsame Grundlage aller Beteiligten muss heißen: Es geht nicht um Schuldfragen, sondern um sachliche Korrektur, Lernen und Verbesserung.

Beispiel Stadtwerke

Der Blick in die Unternehmenspraxis zeigt, dass tatsächlich der „menschliche Faktor“ und organisatorische Rahmenbedingungen die derzeit wichtigsten Ansatzpunkte für ein erfolgreiches DQM sind. Es scheitert nicht an geeigneten IT-Systemlösungen bzw. an großen Investitionen, die für aufwändige DQM-Systeme getätigt werden müssten. Auch mittelständische Unternehmen, die das Thema fokussieren, finden am Markt ausgereifte Systeme, die ihren Budgets und Ressourcen entsprechen.

Viel Bewegung gibt es hier beispielsweise in der Branche der Energieversorger. Versorgungsunternehmen haben es im Zähler- und Messwesen schon immer mit großen Datenmengen zu tun. Durch den liberalisierten Strommarkt und erheblich steigende gesetzliche Vorgaben hat sich das Datenmanagement-Spektrum jedoch nochmals massiv ausgeweitet und ist zum erfolgskritischen Faktor vieler Energieversorger geworden.

Für gezielte Kundenkampagnen und eine punktgenaue Tarifentwicklung müssen beispielsweise Kundendaten in viel stärkerem Umfang erhoben, gepflegt, ausgewertet sowie mit Energiedaten aus dem Zähler- und Messwesen oder mit Einspeisestatistken der Netzbetreiber und Marktdaten kombiniert werden. Bei der Abrechnung oder für Berichte an die Bundesnetzagentur sind zudem zahlreiche Compliance-Vorgaben zu beachten. Schon allein Rechnungen an Privatkunden, die früher im knappen Überblick Strompreis und Verbrauch zeigten, sind heute seitenlangeAbhandlungen mit ausgefeilten Tarif- und Rabatt-Informationen oderZusatzinformationen wie EEG-Umlage und Energieträgermix. Das erfordert ein aufwändiges Management von Kunden- und Energiedaten, mit wasserdichten Plausibilitätsprüfungen und nachvollziehbarer Dokumentation – und das üblicherweise bei gleichbleibender Personaldecke in den zuständigen Fachabteilungen. 

Pragmatische Lösungen

Findige Lösungen entwickeln dabei vor allem die regional aufgestellten Stadtwerke und Netzbetreiber, die sich mit den überschaubaren Ressourcen vonKMUs im scharfen Wettbewerb des liberalisiertenMarktes neu positionieren müssen. Ein Branchtreffen im Oktober 2014, das sich das Thema Datenqualität auf die Fahne geschrieben hatte, machte das hohe Bewusstsein der Teilnehmer für die erfolgskritische Auswirkung der Datenqualität deutlich. Beim ersten „EVU-Praxistag Daten“ stellten Referenten aus Stadtwerken und Netzgesellschaften ihre pragmatischen Lösungen zur Kontrolle und flexiblen Auswertung stetig wachsender Datenmengen vor. Einhelliger Konsens der teilnehmenden Projektverantwortlichen war dabei, dass Datenqualität für alle eine zentrale Herausforderung darstellt.

Vor allem zuverlässige und vollständige Stammdaten stehen bei vielen Stadtwerken derzeit auf der Agenda, denn diese sind Voraussetzung für die gezielte und wirkungsvolle Kundenansprache und Tarifentwicklung. Ein Tool, das immer mehr Stadtwerke in diesem Aufgabengebiet einsetzen, ist die Software InfoZoom, die Fachanwendern große Spielräume für situationsbedingte Analysen bietet. Wichtig für die Fachbereiche ist dabei, dass die Lösung jeweils komplette Datenbestände aus Quellsystemen in ihren Datenspeicher zieht und ihnen diese durch die leistungsfähige in-memory-Technologie sowie eine besondere Visualisierungsmethode für die schnelle und flexible Sichtung und Auswertung zur Verfügung stellt.

Im Gegensatz zu klassichen BI-Systemen sind also keine vorgefertigten Datenmodelle bzw. Dashboards zwischengeschaltet, sondern die Arbeit erfolgt per Mausklick direkt auf Datenebene der operativen Basissysteme. Der Anwender kann seine Daten ohne weitere Voraussetzungen direkt auf ihre Qualität hin prüfen und auswerten. Die Fachbereichehaben damit selbst die von ihnengewünschte Kontrolle über ihreDatenbestände. Fehler, Ausreißer und außergewöhnliche Konstellationen fallen direkt in den Blick und können einfach behoben werden, was beispielsweise eine sehr schnelle Verbesserung von CRM-Daten ermöglicht. 

Gemeinsames Grundverständnis schaffen

Ein besonderer Effekt dieser vom Fraunhofer Institut entwickelten Analysemethode ist, dass sie allen Beteiligten – IT, Fachabteilung und Geschäftsführung – auf Anhieb ein greifbares Bild der Datenlage gibt. Hier liegt oft das Hauptproblem von DQM-Projekten: Kaum ein Unternehmen weiß genau, wie seine Datenbasis aussieht. Oft werden aufwändige Projekte initiiert, um die Ausgangssituation der aktuellen Daten zu prüfen,und dann bleiben die formulierten Projektergebnissedoch abstrakt und schwer nachvollziehbar. Um gezielte Maßnahmen mit unternehmensweiter Akzeptanzzu lancieren, ist jedoch ein gemeinsames Verständnis der Ausgangslage unabdingbar.

Die vom Fraunhofer Institut entwickelte Zoomtechnologie dagegen liefert in Sekunden ein plakatives Bild der Datenlage, das allen Beteiligten das gleiche Grundverständnis der Ist-Situation vermittelt. Dieses Datenbild kann dann mit aktuellen Richtlinien von Regulatoren abgeglichen werden, bzw. es können sofort gezielte Maßnahmen diskutiert werden. Auch Prüfungen mit „weichen“ Kriterien, bei denen kein Regelwerk greift und nur der Mensch mit seinem Fachwissen entscheiden kann, können mit wenigen Analyseschritten durchgeführt werden. Die Sichtung von Quelldatenhilft so, auch den Ursachen von Datenqualitätsschwächen auf den Grund zu gehen.

Allein die Optimierung des Adressdatenbestands oder Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfungen von Vertragsdaten mit Tarif- und Kundenzuordnungen bringen erhebliche Verbesserungen mit großer Wirkung. Die Stadtwerke können damit den steigenden Ansprüchen ihrer Kunden gerecht werden. Kunden reagieren beispielsweise zunehmend gereizt auf Fehler in Abrechnungen und in der Ansprache. Es ist keine Ausnahme mehr, dass empörte Bestandskunden schon eine falsche Anrede in einem Anschreiben bis zur Geschäftsführung hoch eskalieren. Spätestens dann sollte es der Geschäftsleitung klar werden, dass die Qualität der Stammdaten Chefsache ist. Systemlösungen sind für Stadtwerke dabei nicht das Problem.

Das unternehmensweite Bewusstsein für die Relevanz sauberer Daten muss jedoch oft noch etabliert werden – und das ist existenziell, denn wenn die einfachsten Daten nicht stimmen, sind auch komplette Change-Management-Projekte in Richtung “Kunden- und Serviceorientierung“ gefährdet.

Andreas Brüggenthies, www.infozoom.com


Lesen Sie diesen Artikel auch in der it management Ausgabe 12-2014.

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