Krisenhelfer Telekommunikation

Studie der Woche: Krisenhelfer TelekommunikationA.T. Kearney Studie: Krise führt bis 2013 zu fortlaufendem Umsatz- und Beschäftigungsrückgang – Breitband-Internet kann zum Jobmotor für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland werden und bis 2020 eine halbe Million Stellen entstehen lassen.

Zwar ist die Weltwirtschaftskrise vergleichsweise spät in der Telekommunikationsbranche angekommen, doch wird sie für 2009 zu einem Umsatzrückgang von etwa 2,3 Prozent und einer Abnahme der Beschäftigung um 3,1 Prozent beitragen. Jährliche Rückgänge in dieser Größenordnung lassen sich bis 2013 fortschreiben. Wo Arbeitsplätze wegfallen, können aber auch neue entstehen. Bedeutende Wachstumspotenziale liegen insbesondere im Bereich Konvergenz, etwa der Zusammenführung von Festnetz und Mobilfunk, sowie im breitbandigen Internet. Vor allem Letzteres gilt als großer Hoffnungsträger der Branche und der gesamten Wirtschaft. Über das Jahr 2013 hinaus lassen sich durch die flächendeckende Breitbandversorgung über alle Industriezweige hinweg mindestens eine halbe Million Arbeitsplätze schaffen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie „Nachhaltige Restrukturierung des Wirtschaftsstandortes Deutschland – Telekommunikation“ der Topmanagement-Beratung A.T. Kearney. Vor allem kommt es darauf an, dass Unternehmen die strukturellen Veränderungen der Branche wie die fortschreitende Konsolidierung schnell und aktiv im eigenen Sinn nutzen. Ohne Unterstützung wird es allerdings nicht gehen: Von der Bundesregierung sind vor allem die Schaffung von Investitionssicherheit und die Stärkung der Innovationskraft gefordert.

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„In der Telekommunikationsindustrie sind tiefgreifende strukturelle Veränderungen im Gang. Für Unternehmen macht die Krise die Notwendigkeit, sich darauf einzustellen, noch dringlicher. Denn auch wenn sie die Telekommunikationsbranche relativ spät erreicht hat, so hat die Branche doch Federn gelassen. Für 2009 erwartet sie für Festnetz und Mobilfunk einen Umsatzrückgang von etwa 2,3 Prozent von 63 auf knapp 61 Milliarden Euro. Abfedern können diese Effekte nur Unternehmen, die schnell und agil mit nachhaltiger Restrukturierung auf die Veränderungen der Branche reagieren“, so Dr. Hagen Götz Hastenteufel, für die Studie verantwortlicher Partner bei A.T. Kearney.

Die Profitabilität indes wird für 2009 leicht zulegen und im Gesamtjahr um 5 Prozent ansteigen. „Viele Unternehmen haben durch kurzfristige Maßnahmen zur Kostensenkung und Verbesserung des Cash-Flows auf die Krise reagiert. Es zeigt sich, dass diese Maßnahmen erste Wirkung zeigen“, erläutert Dieter Gerdemann, Manager bei A.T. Kearney und Mitautor der Studie.

Nichtsdestotrotz wird der Preisdruck in den nächsten Jahren zu weiterhin sinkenden Umsätzen führen. Bis 2013 ist mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang des Umsatzes um 2,3 Prozent zu rechnen. Von 2008 auf 2009 schrumpft der Markt um rund zwei Milliarden Euro. „Diese Entwicklung würde auch ohne die Krise stattgefunden haben, allerdings mit etwas geringerer Ausprägung“, sagt Hastenteufel.

Der Abwärtstrend wirkt sich auch auf die Beschäftigungsentwicklung aus. Um rund drei Prozent pro Jahr wird die Beschäftigung bis 2013 abnehmen. Das entspricht einem Verlust von rund 30.000 Arbeitsplätzen.

Durch Konvergenz und Breitband-Internet aus der Krise

„Jedoch kann die Telekommunikation von der Wirtschaftskrise profitieren, wenn die Unternehmen es verstehen, die strukturellen Veränderungen der Branche für sich zu nutzen und sich systematisch auf die wesentlichen Wachstumsfelder zu konzentrieren. Damit können sie nicht nur die Weichen stellen für eigenes langfristiges und nachhaltiges Wachstum, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland leisten“, erklärt Hastenteufel.

Neue Wachstumspotenziale für die Branche liegen vor allem im Bereich Konvergenz, d.h. im Zusammenwachsen der unterschiedlichen Infrastrukturen für Festnetz und Mobilfunk, für Sprache und Daten sowie für TV und Telekommunikation. Dieses Verschmelzen ermöglicht neben ganz neuen Anwendungen auch einen effizienteren Betrieb von Telekommunikationsinfrastrukturen. „Mobilfunkanbieter, die in den Festnetzbereich eindringen, TV-Angebote per Mobile-TV anbieten oder Festnetzanbieter, die Mobilfunkangebote einführen, lassen eine sehr dynamische Situation entstehen“, führt Gerdemann aus.

Daneben ist jedoch vor allem auch das Breitband-Internet ein Wachstumsmotor, nicht nur für die Telekommunikationsbranche, sondern für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine flächendeckende Versorgung des Bundesgebietes mit Breitbandanschlüssen mit einer Leistung von mehr als sechs Megabits pro Sekunde fördert datenintensive Anwendungen in allen Industriezweigen. Im OECD-Vergleich liegt Deutschland mit einer Breitbandpenetration von 28 Prozent allerdings lediglich im Mittelfeld. „Hier besteht deutlicher Nachholbedarf“, unterstreicht Gerdemann.

Auf dem Vormarsch ist darüber hinaus das mobile Internet, das die Vorteile des Breitbandnetzes für die Produktivität der Unternehmen noch um die mobile Komponente, d.h. überall und sogar unterwegs per Breitbandverbindung online sein zu können, erweitert. Zudem hilft es, die „weißen Flecken“ in der Breitbandversorgung Deutschlands zu schließen.

Arbeitsplatzwachstum durch Breitbandversorgung

„Ob im Festnetz oder mobil, das Breitband-Internet bietet alle Voraussetzungen, um den Umsatz- und Beschäftigungsverlust der Telekommunikationsbranche zu dämpfen, im besten Fall sogar leicht umzukehren. Wir rechnen damit, dass durch die flächendeckende Breitbandversorgung bis 2020 mindestens eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dabei entstehen diese in etwa zu gleichen Teilen in der Bauindustrie sowie in anderen Industriezweigen wie etwa der Kreativwirtschaft, dem Gesundheits- oder auch dem Verlagswesen. Damit hat die Telekommunikationsbranche über alle Industriezweige hinweg das Potenzial für signifikantes Arbeitsplatzwachstum und kann zu einem wahren Jobmotor für den Wirtschaftsstandort Deutschland werden“, so Hastenteufel.

Agil auf strukturelle Trends reagieren

Aufgrund der krisenbedingt leicht erhöhten Abwärtsdynamik wächst der Konsolidierungsdruck in der Branche. Ein wichtiger Erfolgsfaktor, um dem zu begegnen, ist Kosteneffizienz, die etwa durch Skaleneffekte realisiert werden kann. Außerdem kommt es darauf an, zwischen Festnetz und Mobilfunk Synergiepotenziale zu realisieren. „Mit der Integration von Festnetz- und Mobilfunk erschließen sich Unternehmen Synergiepotenziale, die nicht nur Effizienzsteigerungen im Netzwerkbereich, Kundenmanagement und IT-Betrieb ermöglichen, sondern auch ganz neues Wachstum“, meint Gerdemann.
Angesichts einer schrumpfenden Bedeutung von Sprache in der Wertschöpfung der Telekommunikation, sollten Firmen ihr Augenmerk außerdem verstärkt auf Wachstumspotenziale in der Datenkommunikation durch Mehrwertdienste richten.

Durch gestiegene Kapitalkosten verzeichnet die Branche außerdem eine sinkende Investitionsbereitschaft. Damit werden neue Kooperationsmodelle innerhalb der Telekommunikationsbranche sowie mit externen Partnern immer wichtiger.

„Für Unternehmen kommt es jetzt darauf an, die Zeichen der Zeit zu erkennen und schnell und aktiv die strukturellen Veränderungen der Branche für sich zu nutzen, vor allem diejenigen, die von der Krise beschleunigt werden“, fasst Hastenteufel zusammen.

Engere Verzahnung der Innovationsbranchen gefragt

Allein von der Industrie können die Herausforderungen allerdings nicht geschultert werden. Damit das Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft werden kann, ist auch die Regierung gefordert. Beispielsweise braucht es klare Rahmenbedingungen für Investitionen. Das bedeutet, dass die Breitbandstrategie, die auch im Koalitionsvertrag noch einmal bekräftigt wurde, umgehend eine Konkretisierung erfahren muss. Nur so kann investitionswilligen Unternehmen die erforderliche Planungs- und Rechtssicherheit geboten werden.

Parallel sollte der Regulierer davon absehen, weitere Wertschöpfung aus dem Markt zu nehmen und dadurch den Investitionsspielraum der Markteilnehmer weiter einzuschränken. Zudem braucht es eine engere Verzahnung der Innovationsbranchen. Derzeit agieren die laut High-Tech Strategie der Bundesregierung definierten Innovationsfelder und Schlüsseltechnologien noch weitgehend isoliert. Durch die Bildung von Wachstums- und Innovationsclustern als Zusammenschluss von Hochschulen, Unternehmen und Investoren könnte nicht nur interdisziplinäre Innovationskraft freigesetzt, sondern auch neues Wachstum geschaffen werden. Nicht zuletzt sollte die Bundesregierung die Innovationskraft stärken, indem sie etwa herausfordernde Projekte mit ITK-Fokus oder innovations- und investitionsfördernde gesetzliche Regelungen stärkt.

www.atkearney.de

 

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