Lopezierung des IT-Services-Einkaufs

Dr. Andreas StiehlerDr. Andreas Stiehler über die Optimierung des IT-Services-Einkaufs.

Einkaufsmanager sind per Definition keine Gutmenschen. Spätestens seitdem José Ignacio López in den späten 80ern die Beschaffung bei Opel mit neuartigen Methoden umkrempelte und so zum Turnaround von GM beitrug, wird dem strategischen Beitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg eine hohe Beachtung geschenkt. Dieser Beitrag besteht darin, die Beschaffungskonditionen (Preise, Qualität, Lieferbedingungen etc.) und -prozesse zu Gunsten des Unternehmens nachhaltig zu verbessern. Dazu gehört auch, langjährig gepflegte Beziehungen zwischen Fachbereichen und Lieferanten zu hinterfragen und von letzteren bessere Konditionen einzufordern. Damit macht man sich natürlich keine Freunde – am allerwenigsten bei den Lieferanten.

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Mit dem IT-Services-Einkauf scheint sich für die Beschaffungsverantwortlichen nun ein neues Spielfeld aufzutun. So sorgte beispielsweise kurz vor dem Sommerloch eine Meldung unter der Schlagzeile "Deutsche Telekom erpresst Lieferanten" für Aufsehen und spürbaren Unmut unter vielen IT-Dienstleistern. In einem Brief – unterschrieben von CIO und Chief Procurement Officer (CPO) – betonte die Telekom unter Verweis auf die Wirtschaftskrise die Notwendigkeit der Lieferantenkonsolidierung. Von Anbietern, die weiterhin zum konsolidierten Pool gehören wollen, wird laut Presseberichten eine Absenkung der Tagessätze um 22 Prozent "erwartet". Im Gegenzug offeriert die Telekom den verbleibenden IT-Service-Lieferanten "stabile und teilweise steigende Auftragsvolumina".

Tatsächlich sind die Voraussetzungen für eine Optimierung des IT-Services-Einkaufs a la López derzeit günstig: Erstens ist der IT-Dienstleistungsmarkt ein Kundenmarkt, so dass sich Forderungen gegenüber Lieferanten relativ leicht durchsetzen lassen. Und zweitens hat die Fremdvergabe von IT-Dienstleistungen im Zuge des Outsourcing-Trends an Bedeutung – und damit auch an Volumen – gewonnen. Kurz gesagt: Es lohnt sich für die Einkaufsmanager, in diesem Feld nach "Möglichkeiten zur Hebung von Effizienzpotenzialen" zu suchen. Drittens schließlich haben die Einkaufsmanager in der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise alle Argumente auf Ihrer Seite, um den IT-Services-Einkauf auf den Prüfstand zu stellen. Schließlich geht es darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.

Dass die Einkaufsverantwortlichen beim IT Services Sourcing insgesamt an Bedeutung gewinnen, bestätigen die Ergebnisse der aktuellen Studie "Management und Sourcing externer IT-Spezialisten", die Berlecon Research im Auftrag der Hays AG erstellt hat. Im Rahmen der Studie wurden 70 Unternehmen mit Erfahrung im Einsatz externer IT-Spezialisten zu Sourcing- und Management der Externen befragt. Dabei zeigte sich, dass in jedem dritten befragten Unternehmen schon heute bei strategischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Externen-Einsatz der Einkauf mit am Tisch sitzt. Bei größeren Unternehmen, die mehr als fünf IT-Freiberufler einsetzen, liegt dieser Anteil sogar bei ca. 50 Prozent.

Insgesamt zeigen die Studienergebnisse, dass die Optimierung der Sourcing-Prozesse derzeit weit oben auf der Agenda vieler größerer Unternehmen steht. Dabei geht es zunächst darum, Transparenz im IT-Services-Einkauf zu schaffen, die Sourcing-Verantwortung zu zentralisieren und die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten zu verbessern. Ein weiterer Schritt ist der Aufbau eines Preferred Supplier Pools mit wenigen strategischen Lieferanten, die mit Rahmenverträgen an das Unternehmen gebunden werden. Durch eine enge Zusammenarbeit mit diesen Lieferanten sollen sowohl Kosten- als auch Innovationspotenziale ausgeschöpft werden. Mit einfachen Worten: Wer als strategischer Lieferant gesetzt ist, darf auf einen stabilen Absatz hoffen. Im Gegenzug muss der Anbieter bereit und in der Lage sein, seine Angebote optimal an das Unternehmen anzupassen und bei den Konditionen spürbare Zugeständnisse zu machen (siehe Beispiel Telekom).

Weitere Betätigungsfelder für die Beschaffungsprofis sind Administration und Management nicht-strategischer IT-Lieferanten. Denn neben den strategischen Partnern kommen in vielen Großunternehmen eine Vielzahl – häufig hunderte – kleinerer IT-Dienstleister und IT-Freelancer zum Einsatz. Daran dürften auch die Konsolidierungsbemühungen wenig ändern. So zeigen die Ergebnisse der Hays-Studie, dass in überschaubaren Projekten ohne besonderen Business Impact, die vom Unternehmen selbst gesteuert werden können, Freelancer häufig gegenüber den IT-Dienstleistern bevorzugt werden. Ein wesentlicher Grund hierfür sind Kostenvorteile durch Einsparung von Overhead-Kosten.

Dem vergleichsweise geringen Beschaffungsvolumen für den Einkauf von Freelancer-Leistungen stehen jedoch hohe Prozesskosten gegenüber – ähnlich dem Einkauf der sogenannten C-Artikel. Und so wie die Beschaffung eines Bleistiftes ohne Optimierung der Bestellvorgänge mehrere Euro kosten kann, können auch die Kosten für Sourcing, Auswahl und Administration der Externen die realen Tagessätze spürbar in die Höhe treiben. Eine Möglichkeit zur Optimierung sind Third-Party-Management-Ansätze, bei denen nicht-strategische IT-Lieferanten über eine zentrales IT-System aus einer Hand (i.d.R. durch einen spezialisierten Dienstleister) gemanaged werden. Die in der Hays-Studie aufgeführten Fallbeispiele belegen, dass solche Ansätze auch heute schon erfolgreich realisiert werden.

Der steigende Einfluss der Beschaffungsmanager beim IT-Services-Einkauf bleibt natürlich nicht ohne Wirkung auf den Gesamtmarkt. So belegt die Marktanalyse IT Services 2009" von Berlecon Research, dass die Tagessätze der IT-Dienstleister Ende 2008 im Vergleich zur letzten Erhebung Anfang 2007 z.T. deutlich geringer ausfielen – und dies für alle 30 ausgewerteten Qualifikationen. Dieser Trend dürfte sich – unabhängig vom weiteren Verlauf der Konjunktur – auch in Zukunft fortsetzen. Denn die Professionalisierung des IT-Services-Einkaufs ist eine logische Konsequenz des Reifeprozesses in der IT-Services-Branche. Man mag sie leiden können oder nicht: auf lange Sicht haben die Beschaffungsverantwortlichen die besseren Argumente gegenüber dem Vorstand. Dies gilt natürlich erst recht, wenn die Kassen knapp sind und der Wettbewerbsdruck hoch ist.

Dr. Andreas Stiehler, Director Research, Berlecon Research.

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