Innovationstreiber Blockchain Teil 1/3

Blockchain bringt Veränderung – Mit Sicherheit handeln

Serie

Blockchain wird in Form eines verteilten Transaktionsnetzwerkes realisiertBlockchain ist eine derzeit viel diskutierte Technologie mit disruptiven Potenzial und drei wesentlichen Eigenschaften: Dezentralität, Unveränderlichkeit und Transparenz. Damit könnte sie dazu beitragen, Geschäftsprozesse zu automatisieren, die Sicherheit von Transaktionen zu steigern und Intermediäre wie Notare oder Banken zu ersetzen.

Die Blockchain-Technologie wird verwendet, um das sichere Übertragen von Eigentum an physischen oder digitalen Werten zu ermöglichen. Dafür bildet die Blockchain eine Art digitales Kontobuch ab, das gleichzeitig alle Transaktionen enthält. Darin werden Transaktionen von Werten zwischen Marktteilnehmern protokolliert. Diese Werte können in unterschiedlichster Form vorliegen: Als Waren, Geld, Rechte oder Informationen. Insofern unterscheidet sich eine Blockchain von ihrer Funktion her nicht von einem Kontobuch, das handschriftlich auf Papier, als Excel-Datei oder in einer Software geführt wird.

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Der große Unterschied ist jedoch, dass die Blockchain in Form eines verteilten Transaktionsnetzwerkes realisiert wird, wobei als Basis die IT-Systeme aller Teilnehmer dienen. Es gibt also keine zentrale Instanz, auf der alle Daten gesichert und verarbeitet werden. Während bislang zum Beispiel Banken als zentrale Plattform die Überweisungen sichern, wären die Finanzinstitute in einem Blockchain-basierenden Finanzsystem weitgehend überflüssig. Die Kryptowährung Bitcoin ist ein solches Bezahlsystem, das vollkommen ohne Banken auskommt und es den Marktteilnehmern erlaubt, schnell und sicher Finanztransaktionen untereinander durchzuführen. Allerdings ist Bitcoin nur eines von vielen möglichen Anwendungsbeispielen für diese Technologie.

Welche Projekte eignen sich?

Ein weiterer Anwendungsfall wäre der Einsatz von Blockchain im Vertragswesen. So würden dadurch in vielen Fällen klassische Notariate nicht mehr benötigt, wie zum Beispiel beim Hauskauf. An die Stelle von notariellen Beglaubigungen treten Smart Contracts: Dies sind spezifische Regeln, die innerhalb der jeweiligen Software zur Verwaltung der Blockchain hinterlegt werden und in diesem Fall die Identität des Käufers überprüfen könnten. Darüber hinaus könnte eine Car-Sharing-Plattform die Regel hinterlegen, dass der Teilnehmer bei Fahrtantritt im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sein muss. Die Einhaltung solcher Regeln überprüft das Blockchain-Netzwerk automatisch. Auch internationale Liefer- und Leistungsbeziehungen wären hiermit deutlich effizienter und günstiger abzuwickeln.

Lesen Sie auch die anderen Beiträge der Serie “Innovationstreiber Blockchain”:

Teil 1: Blockchain bringt Veränderung – Mit Sicherheit handeln
Teil 2: Die stille Revolution – Welche Branchen profitieren von Blockchain?
Teil 3: Wie viel Regulierung und Standards verträgt die neue Technologie?

Als Einstiegshilfe beim Thema Blockchain empfiehlt sich der Start mit alltäglichen Anwendungen, wie ein vergleichsweise simpler Abgleich von Stammdaten- oder Referenzdaten. Wenn heute jemand die Bank wechselt, dauert es Monate, bis alle Geschäftspartner die neue Bankverbindung kennen und nutzen. In einem Blockchain-System wären im Falle einer Änderung sofort alle Teilnehmer mit den neuen Daten versorgt und bei der nächsten Überweisung würden automatisch die richtigen Bankdaten eingesetzt.

Ein weiteres generisches Anwendungsgebiet ist der Eigentums- oder Besitznachweis: Ist der Teilnehmer tatsächlich der Besitzer des Grundstücks, des Bitcoins oder des Lagerplatzes, die Gegenstand der Transaktion sind? Die Blockchain liefert die Antwort während der Transaktion in Echtzeit. Ähnlich verhält es sich beim Herkunftsnachweis: Auch hier gibt die Blockchain anhand der Transaktionshistorie sofort Auskunft darüber, ob die Herkunftsangabe für ein bestimmtes Kleidungsstück, Medikament oder Ersatzteil echt ist.

Vor allem in der Produktion und im Lieferkettenmanagement kann ein Digital Passport auf Basis von Blockchain der gesamten Supply Chain zu mehr Transparenz verhelfen. Damit könnten Kunden die Herkunft und Zusammensetzung komplexer Produkte wie Maschinen transparent nachvollziehen und Hersteller erhalten die Möglichkeit, das Label ‚Made in Germany‘ fälschungssicher zu vermarkten. Der Automobilhersteller Renault entwickelt beispielsweise aktuell ein digitales Wartungsbuch für Kunden: Hier sollen alle Informationen von Werkstätten zusammengefasst werden. Die Blockchain-Technologie hilft dabei, diese Daten auf einer Plattform manipulationssicher abzulegen, sodass Kunden, Händler und Versicherungen darauf Zugriff erhalten.

Weiterhin bietet das Startup-Unternehmen Everledger die Möglichkeit, Diamanten und andere wertvolle Gegenstände in einer Blockchain fälschungssicher zu registrieren. Dabei werden jedem Diamanten 40 Qualitätsmerkmale zugeordnet. Diese Methode funktioniert auch für den Nachweis anderer Produkteigenschaften, wie etwa umweltschonende Landwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und gesundheitlich unbedenkliche Inhaltsstoffe.

Technologie sucht Anwendung

Nicht für jedes Business-Problem wird auf den ersten Blick klar, wie die Blockchain-Technologie hierbei nützlich sein kann. Dazu sollten Unternehmen wissen, dass es nicht den einen universellen Lösungsansatz durch Blockchain gibt. Beispiele wie die Kryptowährung Bitcoin, Eigentumsnachweise oder ein Wartungsbuch für Fahrzeuge zeigen die mögliche Bandbreite von Szenarien, in denen diese Technologie einsetzbar ist. So sind bei Bitcoin die Anwender anonym, während es bei anderen Lösungen ausdrücklich erwünscht ist, dass die Teilnehmer namentlich bekannt sind. Für Unternehmen ist daher zunächst wichtig, die Technologie in allen Details verstanden zu haben, um sie für den Einsatz mit bestehenden oder zukünftigen Geschäftsmodellen zu prüfen. Auch wenn es profan klingt: Unternehmen sollte die gewünschte Business-Lösung immer in den Vordergrund ihrer Analyse stellen und nicht die Idee, unbedingt eine neue Technologie anzuwenden.

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Wie geht die Entwicklung weiter?

Blockchain ist eine noch vergleichsweise junge Technologie, die erstmals im Jahr 2009 bei der Kryptowährung Bitcoin verwendet wurde. Daher steht die Umsetzung in konkrete Geschäftsprozesse noch am Anfang. Hinzu kommt, dass der Aufwand, um die Daten aller Immobilien, Autos oder Container weltweit oder auch nur innerhalb eines Landes in einer Blockchain zu erfassen, derzeit nicht wirtschaftlich zu bewältigen ist. Und schließlich gibt es bei den ganz großen Anwendungsszenarien, etwa in der Immobilienwirtschaft oder beim Clearing der Zahlungsströme zwischen Banken, ein marktpolitisches Problem: Die einzigen Marktteilnehmer, die über die organisatorischen Mittel verfügen, um eine Blockchain einzuführen, sind Intermediäre wie Finanzdienstleister. Und die haben aus nachvollziehbaren Gründen kein Interesse daran, ihr eigenes Geschäftsmodell zu torpedieren.

Standardisierung treibt den Markt an

Blockchain-Innovationen finden daher derzeit eher im Kleinen statt. Ein Beispiel dafür liefert das Brooklyn Microgrid. Dieser Peer-to-Peer-Energiemarkt von Bürgern in New York ermöglicht den Handel von Solarstrom in einem Mikro-Energienetz. Aus solchen spezifischen Implementierungen für sehr fokussierte Märkte könnten schon sehr bald Enterprise-taugliche Lösungen entstehen. Die dafür notwendige Standardisierung über die ISO soll eine Arbeitsgruppe vorbereiten und das DIN Institut hat einen Arbeitsausschuss „Blockchain und Technologien für verteilte elektronische Journale“ gebildet. Ziel ist es jeweils, Blockchain für die industrielle Nutzung zu standardisieren. Unternehmen sollten also zeitnah starten, eigene Projektgruppen mit der Evaluierung von Business-Szenarien zu beauftragen.

Weitere Informationen:

Dortmund: Erfahrungsaustausch zum Thema Blockchain in NRW

Das Competence Center für Cyber Physical Systems NRW (CPS.HUB NRW) und Materna veranstalten ein Diskussionsforum zur Nutzung der Blockchain-Technologie in Nordrhein-Westfalen. Das Event findet am 28. September 2017 in der Zeit von 14 bis 18 Uhr in den Geschäftsräumen der Materna GmbH in Dortmund statt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere Details finden Sie hier.

Studie zu Blockchain aus Unternehmenssicht

Welche Pläne und Kenntnisse hat die Industrie im Umgang mit Blockchain? Diese Frage untersuchte die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem IT-Dienstleister Materna in einer breit angelegten Online-Befragung unter deutschen Unternehmen. Dabei zeigte sich: 60 Prozent der Befragten sehen in Blockchain eine Möglichkeit, von Dienstleistern unabhängig zu werden. Fast 70 Prozent ordnen die Technologie als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ für ihre Branche ein. Sechs von zehn Unternehmen sehen einen großen Nutzen für ihre Kunden.

„Blockchain ist ein hochaktuelles Thema und viele Unternehmen beschäftigen sich aktiv damit“, sagt Prof. Jens Böcker von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Dabei wird die Bedeutung für die eigene Organisation eher unterschätzt. 40 Prozent erachten Blockchain zwar als sehr wichtig für ihre Branche, aber nur 25 Prozent als sehr wichtig für das eigene Unternehmen.“ Die Studienergebnisse sollen hier kostenfrei abrufbar sein.

Guido WeilandGuido Weiland, Leiter Innovation Center, Materna

 

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