Augmented Reality: Chancen nutzen

AugmentedBedeutende Messen wie die nun anstehende CES im Konsumentenbereich oder auch kürzlich die Medica für den Gesundheitsbereich zeigen Augmented-Reality-Angebote der nahen Zukunft: Zahnimplantate, die taube Menschen hören lassen, elektronische Handschuhe, die Zeichensprache in Schrift umwandeln, Datenbrillen, die Informationen zum Gegenüber einblenden. 

Diese Innovationen strahlen große Attraktion aus, schüren allerdings auch Befürchtungen – insbesondere hinsichtlich möglicher Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte. Diese Befürchtungen sind durchaus ernst zu nehmen, sollten aber den Blick für die vielfältigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chancen, die weit über Kostenreduzierung und Risikominimierung bei besonders kritischen Tätigkeiten hinausgehen, nicht grundsätzlich verstellen.

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Zahnimplantate, die taube Menschen hören lassen, elektronische Handschuhe, die Zeichensprache in Schrift umwandeln und per Mail versenden, Datenbrillen, die Informationen zum Gegenüber einblenden: Dies alles sind Anwendungen, mit denen Augmented Reality derzeit erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Nochmals befördert haben dieses Interesse die bedeutenden Messen und Fachkongresse, von der nun anstehenden CES für Konsumentenelektronik sowie der Gamescom beziehungsweise der E3 für Games, über den Mobile World Congress für mobile Kommunikation und die Electronica für Elektronik-Anwendungen, bis hin zur kürzlich abgehaltenen Medica für den Gesundheitsbereich.

Die genannten Anwendungen sind überaus faszinierend. Keinesfalls sollten wir allerdings unseren Blick auf Augmented Reality von diesen futuristisch anmutenden Anwendungen in die Irre leiten lassen. Denn tatsächlich setzen Unternehmen und Privatpersonen diese innovative Technologie heute bereits in etlichen Feldern ein – freilich ohne dabei den Begriff Augmented Reality auch immer explizit im Zusammenhang mit der jeweiligen Anwendung zu nennen. Die Spannweite dieser Einsatzfelder reicht dabei von der Konsumentenelektronik, Multimedia und Games, über Lifestyle, Gesundheit und Bildung bis hin zur Prozessoptimierung, insbesondere auch im Kontext mit dem Mega-Thema Industrie 4.0.

Beim Gaming sammeln Privatpersonen beispielsweise schon lange Erfahrungen mit Augmented Reality. Daneben kommen die neuen Möglichkeiten aber immer mehr auch bei der Museumspädagogik und bei den Planungsprozessen zum Einsatz. Hier verbessern die zusätzlich eingespielten intuitiven virtuellen Objekte die Vorstellung von längst untergegangenen oder auch von geplanten, künftig zu erstellenden Gebäuden – insbesondere eben für die breite Masse der im räumlichen Denken ungeübten Menschen.

Für unsere Mobilität bringt Augmented Reality ebenfalls einen wesentlichen Fortschritt mit sich. So geleitet uns die innovative Technologie künftig nicht nur zum Ziel, sondern verweist auch auf situativ wichtige Informationen an der Strecke. Bei diesen Informationen geht es speziell auch um reale Gefahrenquellen, die mittels eingeblendeter intuitiver virtueller Objekte besonders deutlich hervorgehoben werden. Naheliegenderweise sind solche Möglichkeiten nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für die professionelle Katastrophenhilfe oder das Speditionsgewerbe von zentralem Interesse.

Tatsächlich ist Augmented Reality heute schon in vielen Wirtschaftsbereichen angekommen. So treiben speziell diejenigen Segmente mit ausgesprochen risikobehafteten und kostenintensiven Tätigkeiten bereits über Jahrzehnte hinweg diese Entwicklung entscheidend voran. Beispiele sind hier die Trainingsübungen von Waffensystemoffizieren eines Kampfjets, von Piloten eines Verkehrsflugzeugs oder auch von Chirurgen, also solchen Berufsgruppen, die sich zunächst in einer geschützten Situation mit neuen Instrumenten und komplexen Aufgaben vertraut machen wollen. Für deren typische Arbeitssituation, in denen selbst winzige Fehler zu menschlichen und finanziellen Katastrophen führen können, repräsentiert Augmented Reality zweifelsohne einen segensreichen Quantensprung.

Mit der fortschreitenden Globalisierung wird die Technologie absehbar noch bedeutender werden. Die intuitive Anschaulichkeit und die Interaktionsmöglichkeit in Echtzeit sollten die Effizienz bei der Zusammenarbeit weltweit verteilter Arbeitsgruppen maßgeblich fördern. In diesem Zusammenhang kann Augmented Reality beispielsweise auch dahin führen, dass Arbeiten an hochkomplexen Maschinen von weniger spezialisierten Kräften erfolgreich durchgeführt werden. Dies wird darüber möglich, dass diese Kräfte intuitive visuelle Anleitungen mittels Datenbrille eingespielt bekommen.

Bereits die hier genannten wenigen Beispiele machen es leicht nachvollziehbar, dass Unternehmen, Forschung, Politik und eine breite Öffentlichkeit an den faszinierenden neuen Möglichkeiten, aber auch den Risiken dieser Technologie nachdrücklich interessiert sind. Augmented Reality ist weit mehr, als das hoch entwickelte Sichtgerät, als welches es teilweise erkannt wird. Tatsächlich ist diese Technologie in solchen Einsatzfeldern besonders Erfolg versprechend, bei denen komplexe Aufgaben durch intuitiv visuelle Hilfen unterstützt werden sollen.

Augmented Reality verfügt also über erhebliches Potenzial. Doch um dieses Potenzial auch auszuschöpfen, braucht es dringend Antworten auf eine Fülle brennender Fragen, von der Wahrung der Persönlichkeitsrechte bis hin zum Ausbau leistungsfähiger Datennetze. Erste Anläufe bei der Beantwortung dieser Fragen haben in Deutschland beispielsweise die Digitale Agenda, die Strategie „Intelligente Vernetzung“ und die „Netzallianz Digitales Deutschland“ bereits unternommen.

Demnach stehen die Verbesserung des Datenschutzes im internationalen Kontext oder auch die Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus mittlerweile ganz oben auf der politischen Agenda. Gleichwohl müssen diesen Verlautbarungen bald auch weitere Taten folgen. Andernfalls droht die Lücke zwischen den heimischen Unternehmen und deren internationalen Mitbewerbern immer größer zu werden. Das gilt insbesondere gegenüber denjenigen aus Nordamerika oder Fernost, wo die Bevölkerung solchen Innovationen grundsätzlich positiver gegenüberstehen als hierzulande.

Staatliche Programme, die Technologieentwicklung von der mit hoher Unsicherheit aber auch mit beachtlichen möglichen positiven Externalitäten verbundenen Grundlagenforschung bis hin zur ergebnisorientierten Forschung finanziell unterstützen, sind demnach durchaus notwendig, aber nicht hinreichend. Um als innovativer Standort im internationalen Wettbewerb zu bestehen, braucht es darüber hinaus eine gesellschaftliche Kultur der fairen Diskussion über die Chancen und Risiken von Technologien. Schließlich sollten die in den aktuellen Diskussionen überaus stark hervorgehobenen Befürchtungen den Blick für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chancen von Augmented Reality hierzulande nicht grundsätzlich verstellen.

Dr. Stefan Heng, Senior Economist bei Deutsche Bank Research

Ann-Kathrin Hörster

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