Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte! Aber welches?

business intelligence kleinIn einem sind sich alle Analysten einig: Eine der wichtigsten Funktionen für die Datenanalyse im Zusammenhang mit Business Intelligence ist die Visualisierung von Daten.

Vor dem Hintergrund immer größer werdender Datenmengen wird diese Funktionalität zunehmend relevanter. Information Design bezeichnet den Prozess der visuellen Aufbereitung von Daten mit dem Ziel, Anwendern effiziente und effektive Muster- und Trend-Erkennung zu ermöglichen. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Grafik gleich Grafik?

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Jeder kennt das Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte.“ Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass komplizierte Sachverhalte oftmals leichter durch bildhafte Darstellungen erklärt werden können als durch einen umfangreichen Text. Bilder und Grafiken üben meist einen stärkeren Eindruck auf den Betrachter aus als das geschriebene Wort. Sie lassen sich in sehr kurzer Zeit überblicksartig sowie assoziativ verinnerlichen. In vielen Bereichen, die sich an der Schnittstelle zwischen Experten- und Laientum bewegen, sind deshalb Verantwortliche dazu übergegangen, komplexe Sachverhalte anhand von Infografiken zu erklären. Diese sind visuelle Repräsentationen von Gesamtzusammenhängen. Fakten sollen durch sie möglichst klar, genau und anschaulich dargestellt werden. Texte müssen im Gegensatz dazu erst aufwendig rezipiert, verstanden und inhaltlich eingeordnet werden, was dem Lesenden eine Transferleistung abverlangt. Infografiken servieren dem menschlichen Gehirn die Sachinformationen bereits in aufbereiteter Form und verlangen in erster Linie keine Extraktion von Teilinformationen. Der Trend zu Infografiken ist an sich nicht neu, hat sich aber, bedingt durch die immer stärker werdende Informationsflut, über die Jahre hinweg immer weiter intensiviert. Aktuelle Beispiele finden sich zuhauf – angefangen bei der politischen und medizinischen Bildung bis hin zu aktuellen Berichterstattungen. Im Journalismus spricht man bereits von einer dritten eigenständigen Disziplin, der Informationsaufbereitung, neben dem Text- und Bildjournalismus.

In der BI-Branche, die sich per Definition mit der Aufbereitung und Darstellung von Informationen in Datenform zur Entscheidungsfindung beschäftigt, hat sich die visuelle Datenauswertung in den häufig synonym verwendeten Begriffen Data Visualization, Interactive Visualization und Information Design niedergeschlagen. Doch auch wenn das Ziel dasselbe ist, Anwender so einfach und schnell wie möglich mit Informationen zu versorgen, gibt es große Unterschiede im Hinblick auf Infografiken.

Infografik und Information Design

Infografiken besitzen in der Regel trotz allem hohe Text- und Illustrationsanteile. Sie werden dazu eingesetzt, Sachverhalte auf eine leicht verständliche Art und Weise zu erklären und dem Betrachter weiterführende, aber kontextgebundene Anknüpfungspunkte zu liefern. Obwohl sie einen objektiven Anspruch haben, werden Infografiken häufig dazu verwendet, den Rezipienten von einem bestimmten Standpunkt zu überzeugen oder gar zu “überreden”. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass zwar dem Rezipienten im ersten Schritt der Informationsaufnahme keine eigene Transferleistung abverlangt wird, wohl aber dem, der die Infografik erstellt. Dieser muss die reinen Fakten bereits (subjektiv) in Informationen übersetzen.

Information Design [1] setzt bewusst vor dem Schritt der Informationsgenerierung ein. Das Ziel ist es, mit Hilfe von visuellen Darstellungsformen die effiziente und effektive Identifizierung von Mustern und Trends in einer Datenmenge zu ermöglichen. Wo die Infografik bereits auf die Vermittlung von Informationen zur Wissensaneignung abzielt, ist Information Design an den „nackten“ Fakten interessiert. Anhand eines Beispiels wird deutlich, wie Fakten/Daten zu Informationen werden.

Tabelle vs. Grafik

Die folgende Tabelle [2] zeigt die Zufriedenheit von Angestellten im Zusammenhang mit Alter, Einkommensklasse und Schulabschluss:

JobSatisfaction 1

Die erhobenen Daten zeigen, dass 643 der Befragten (Stichprobengröße: 1000) aus der Gruppe „College Abschluss, unter 50 Jahren, Jahreseinkommen bis $50.000“ mit ihrem derzeitigen Job zufrieden sind. Das gleiche gilt für 928 der Befragten aus der Gruppe „kein College Abschluss, unter 50 Jahren, Jahreseinkommen über $50.000“. Zweifelsfrei lassen sich diese Werte eindeutig aus der Tabelle ablesen. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass sich tabellarische Darstellungen besser für die Darstellung kleiner Datenmengen eignen. In diesem Beispiel sind es acht Werte – verdichtet aus 8.000 Basis-Werten.

Die Tabellenform ist eine weitverbreitete aber rudimentäre visuelle Darstellungsform. Information Design beschäftigt sich mit der Frage, welche Muster lassen sich gegebenenfalls durch eine andere Darstellungsweise der Daten enthüllen. Das Säulendiagramm bietet in diesem Fall nicht sofort zusätzliche Erkenntnisse:

JobSatisfaction 2
 
Werden dieselben Daten aber in ein Liniendiagramm überführt, enthüllt sich schlagartig ein Muster:

JobSatisfaction 3
 
Ganz offensichtlich sind Angestellte über 50 Jahren, ohne College-Abschluss, mit einem Einkommen von über $50.000, weniger oft mit ihrem Job zufrieden als ihre Altersgenossen. Eine Erkenntnis, die aus den Ansichten zuvor nur mit einer gehörigen Denkanstrengung zu gewinnen gewesen wäre.

Um derartige Muster in Daten, unabhängig von der Größe der Datenmenge, erkennen zu können, ist es erforderlich, dass Anwendern von Business-Intelligence-Lösungen die Funktionen zur visuellen Analyse so einfach wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Für die Enthüllung dieses Musters war es lediglich nötig, den Grafiktyp von Säulendiagramm auf Liniendiagramm umzustellen.

Der Einbezug von Einsichten aus der Wahrnehmungsforschung ist für Business-Intelligence-Lösungen durchaus wichtig, um Fachanwender noch effizienter in ihren Erkenntnisinteressen unterstützen zu können. So lassen sich unterschiedliche Visualisierungsformen für bestimmte Fragestellungen identifizieren und lang angenommene Wahrheiten hinterfragen: Tortendiagramme eignen sich zum Beispiel weniger gut zur Darstellung von Anteilen an einem Ganzen als allgemein angenommen wird. Hier haben Säulendiagramme definitiv größere Stärken. Dies steht im Zusammenhang mit der menschlichen Schwäche, Winkel und Verhältnisse korrekt einschätzen zu können. Eine aktuelle Diskussion dreht sich um die Frage, ob die Verwendung von Liniendiagrammen nur im Kontext von Zeitreihenanalysen zulässig sein sollte. Manche BI-Anbieter sind aufgrund solcher Überlegungen bereits dazu übergegangen, gewisse Diagrammtypen für bestimmte Kontexte zu sperren. Die Folge: Eine Verwendung von Liniendiagrammen ist in einigen BI-Lösungen ohne eine Zeitreihe nicht mehr möglich.

Die rein dogmatische Umsetzung dieser Erkenntnisse ist aber ambivalent zu sehen. Auf der einen Seite können Fachanwender so zwar schneller Analysen durchführen, auf der anderen Seite werden möglicherweise Muster in Datenmengen verdeckt. Hier bietet sich der von Cubeware verfolgte Managed-Self-service-BI-Ansatz an: anstatt pauschal Funktionalitäten zu sperren oder allen Anwendern die komplette Tool-Box zur Verfügung zu stellen, sollten diese an Nutzerrollen gekoppelt sein, die ein effektives und effizientes Arbeiten für jeden Nutzertyp ermöglichen – mal mit mehr, mal mit weniger Freiheiten.

Thomas Martens
Thomas Martens, VP Produktmarketing bei Cubeware

[1] Wesentliche Konzepte des Information Design basieren auf den Arbeiten von Edward Tufte und Stephen Few. Aber auch wahrnehmungs-psychologische Aspekte spielen eine wesentliche Rolle. Insbesondere die Arbeiten von Colin Ware müssen an dieser Stelle genannt werden. Im deutschsprachigen Raum hat sich besonders Prof. Dr. Rolf Hiechert bei der Übersetzung dieser erkenntniswissenschaftlichen Konzepte in die Praxis verdient gemacht.

[2] Stephen Few: “Show me your numbers” 2. Auflage

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